![]() Kein Vertrauensbeweis für die IntegrationspolitikVon PETER KNECHTLI
"Das ist die Quittung
Was die Gegner der Initiative, zu denen der Schreibende auch gehört, an diesem Wochenende erhalten haben, ist die Quittung für eine jahrzehntelange Tabu-Politik, die sich um die wirkliche Stimmung im Volk gegenüber immer stärkeren fremd- und ausländischen Einflüssen in unserem Land foutierte. Dies lässt sich daran erkennen, dass eine Basler Krankenschwester schweizerischer Nationalität mit ihrem Ja zum Minarettverbot unter anderem auch "ein Zeichen" dagegen setzen wollte, dass die Spitäler zunehmend von ausländischen Arbeitskräften überflutet werden, die sie selbst zu "einer Fremden" lassen werde. Man mag diese Vermischung der Argumente für verfehlt halten – aber sie ist Realität, Ausdruck des Verlusts der eigenen Identität und Teil der Entscheidfindung vor Ausfüllen des Stimmzettels. 29. November 2009
![]() "Wo soll ich mich jetzt integrieren?" Ich habe acht WKs, drei Landsturm und einen Landwehr absolviert. Die Steuern sind bezahlt. Unser Vater war an der Schweizer Grenze und im Gotthardmassiv währen des Zweiten Weltkrieges. Unser Grossvater marschierte zu Fuss von Basel ins Tessin und bekam nur trockenes Brot.
Und wo, bitte, wo soll ich mich jetzt integrieren nach bald 400 Jahren? Mich will einfach keiner. Albrecht Ringgenberg, Ebikon "Verkaufsfreie Adventssonntage" Am besten verteidigen wir unsere christliche Kultur zum Beispiel mit völlig iberalisierten Ladenöffnungszeiten, sprich verkaufsfreien Adventssonntagen. Getreu dem biblischen Motto: "Am siebten Tage sollst Du ruhn." Das ist das beste Rezept gegen den fundamentalistischen Islam, oder irre ich da? Dieter Stumpf, Basel "Viele rechtschaffene Leute beleidigt" Man muss das Resultat respektieren, auch wenn ich sehr enttäuscht bin, dass sich das Schweizer Volk dermassen hat aufhetzen lassen. Jedenfalls haben wir hier (mangels Vertrauen in unsere Baugesetze?) über ein Bauverbot abgestimmt, sonst nichts anderes; dabei ganz einfach viele rechtschaffene Leute beleidigt und unsere eigene Religionsfreiheit hintertrieben. Wenn ein Volk nicht mehr so viel Selbstvertrauen hat, seine eigene Religionsfreiheit (und andere Freiheiten) zu verteidigen, sondern sich kleinlich mit Verboten abzuschotten und zu schützen beginnt, dann ist es keine starke, selbstbewusste Nation (mehr). Peter Waldner, Basel "Ein Pyrrhussieg mehr für die SVP" Jammern über die Annahme der Initiative hilft jetzt auch nicht mehr! Aber die Initianten und die SVP haben wieder einmal einen Pyrrhussieg erreicht. Denn mit der Annahme der Minarettverbots-Initiative ist kein einziges Problem gelöst, wie so oft bei SVP-Abstimmungssiegen.
Vermutlich hat gerade die Plakatverbots-Diskussion der Initiative den nötigen Schwung zum unerwarteten Sieg gegeben. Damit entstand eine Debatte die weit über die Frage des Bauens von Minaretten hinaus ging. Islamischer Fundamentalismus, Sharia-Gesetze, Zwangsheirat, Burka, Libyen-Geiseln, Frauenrechte im Islam, dies waren plötzlich die Themen. Fragen, welche die Menschen in unserem Land bewegen. Da nützten dann alle sachlichen Beteuerungen nichts, die Minarette hätten mit dem allem nichts zu tun. So wurde vermutlich aus vielen verschiedenen Gründen ein Ja eingelegt.
Ob die Annahme der Initiative wirtschaftliche Sanktionen muslimischer Länder zur Folge hat, wie der Unternehmer Peter Spuhler befürchtet, wird sich zeigen. Es könnte gut sein, dass die Minarettverbots-Initiaive weit mehr Arbeitsplätze kosten wird, als mit der Kriegsmaterialexport-Initiative je in Gefahr gewesen wären. Ängste, Bedenken, Unbehagen in der Bevölkerung können geschürt und schamlos ausgenützt werden. Sie können aber auch ignoriert, klein- und schöngeredet werden. Dies gilt es in Zukunft bei anderen Themen zu bedenken.
Die erneut zur Diskussion stehende Personenfreizügigkeit mit der EU wird ein solches Thema sein. Auch hier spielt die SVP ein übles Spiel. Sie lehnte alle flankierenden Massnahmen zur Verhinderung von Sozial- und Lohndumping ab und versucht nun aus den Problemen, welche sich aus der Personenfreizügigkeit ergeben, politisches Kapital zu schlagen. Ein noch gefährlicheres Spiel mit unabsehbaren Konsequenzen für das ganze Land! Otto Kunz-Torres, Basel "Lasst uns doch unsere Schweizer Kultur" Von den Gegnern der Initiative wurde und wird immer noch behauptet, die SVP hätte Ängste im Volk geschürt und damit seien sie als grosse Sieger hervor gegangen. Glauben denn die Gegner wirklich, das Volk sei so dumm und würde sich mit Plakaten manipulieren lassen. Tatsache ist doch: Diese Ängste waren schon lange unter dem Volk und sind immer noch da. Das beweist ja auch das Abstimmungsergebnis.
Die SVP nimmt die Sorgen und Ängste der Bevölkerung wenigstens ernst und hat den Mut, diese Themen aufzugreifen. Minarette haben ja schliesslich nichts mit dem islamischen Glauben zu tun und Moscheen sind ja nicht verboten. Symbole dieser Art passen nun einmal nicht neben Chalets, See- und Bergpanorama und auf Schweizer Ansichtskarten.
Alle Muslime sind in der Schweiz ja willkommen und haben hier ein schönes Leben, aber lasst uns doch unsere Schweizer Kultur erhalten. Danke schön. Cony Meyer, Basel "Unbequemen Themen unter den Deckel pressen" Diffamieren, tabuisieren sowie moralinsaure Denk- und Diskussionsverbote: Mit diesem Rezept hat sich die Gegnerschaft der Anti-Minarett-Initiative in ihrem sektiererischen Bessermensch-Glauben in Sicherheit gefühlt. In dieser arroganten Überzeugung haben die Gegner wohl auch darauf verzichtet, ihre Haltung ebenso prominent wie die Verbots-Befürworter zu dokumentieren. Eine Nein-Kampagne gegen das Minarettsverbot war praktisch inexistent.
Auf der Strecke geblieben ist mit dieser Diskussionsverweigerung auch ein Minimum an Sensibilität für das, was Familie Schweizer zum Thema Islam tatsächlich beschäftigt. Das zeigt nur, wie abgehoben die meisten Parteien in der Mitte und links davon inzwischen politisieren. Dass darüber hinaus das von einer subalternen Basler Behörde ausgesprochene Plakatierungsverbot als demokratischer Maulkorb empfunden worden ist oder dass das "Verbot" zum Aufhängen von christlichen Symbolen in unseren Schulen im krassen Widerspruch zur harsch eingeforderten religiösen Toleranz beim Bau von Minaretten empfunden wurde, hat das Ja zum Verbot wohl noch zusätzlich begünstigt. In unserer Region zweifellos auch die kaum verständliche "türkische Kulturwoche" in einer Baselbieter Schule, die vielfach als Anpassungs-Anspruch an die Schweizer zugunsten der türkisch-islamischen Kultur verstanden werden musste. Diese Widersprüche und Ansprüche haben das "überraschende" Ergebnis wohl massgeblich beeinflusst.
Wenn die CVP Baselland und CVP Basel-Stadt das Ergebnis als "Schwarzer Tag für die weltoffene Schweiz" apostrophieren, dann zeigt das nur, wie wenig sie zu diesem Resultat begriffen haben. Eigentlich müsste diese Schlagzeile korrigiert werden in "Schwarzer Tag für die ignoranten Schweizer Parteien", die es verpasst haben, in der damaligen Parlamentsdebatte in Bern einen Gegenvorschlag zu entwickeln, der die wohl nicht ganz unberechtigten Befürchtungen in der Schweizer Bevölkerung aufgenommen hätte.
Leider ist zu befürchten, dass die Bessermenschen auch daraus nichts lernen und – neben den obligaten "Beschimpfungen" der tumben Stimmbevölkerung – die für sie unbequemen Themen weiterhin krampfhaft unter den Deckel pressen wollen. "Nicht sein kann, was nicht sein darf" als politisches Dogma? Edi Borer, Kaiseraugst |
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