Strassenkoch Xiao Li: Baozi zum Z’Morge
Zum Frühstück Gipfeli und Kaffee, das gibts in den Grossstädten Chinas ohne Problem. Schliesslich ist China nach über dreissig Reformjahren international geworden, zumindest im reichen Küstengürtel von Peking über Shanghai bis ins südliche Guangzhou (Kanton) und Shenzhen. Allüberall sind Starbucks-Kaffee und andere Café-Ketten entstanden, landesweit soviele wie Pilze nach einem warmen Regen. In französischen Bäckereien mit angeschlossenem Café sind knusperfrische Baguettes und herrliche Croissants zu erstehen.
Noch vor wenigen Jahren wurden diese Etablissements vor allem von Ausländern frequentiert. Heute hat sich das geändert. Die überwiegende Mehrheit sind Chinesen und Chinesinnen. Auch das ein Zeichen für den wachsenden Wohlstand, denn Kaffi und Gipfeli sind nicht gerade billig. Im Starbucks bei der Jianguo Brücke in Peking kostet der günstigste kleinste Normalkaffee 15 Yuan (umgerechnet 2 Franken 50), und für ein eher gummiges Croissant legt man 10 Yuan auf den Tisch. Im Vergleich mit der Schweiz ist das natürlich billig, aber die Löhne auch von gut Verdienenden sind in China viel tiefer.
Die meisten Chinesen und Chinesinnen frühstücken ohnehin lieber à la Chinoise. Mehr und mehr auf die Schnelle, auf dem Weg zur Arbeit ins Büro. Im Zentralen Pekinger Geschäftsviertel CBD arbeiten Zehntausende. Davon profitieren unternehmerische Wanderarbeiter, die behelfsmässige Stände mit leckerem chinesischen Frühstück feil bieten. Ganz legal und ohne grosse Bürokratie.
An der Heng-Hui-Strasse ist Li Huidong mit seinem Baozi-Stand zwischen sechs und zehn Uhr morgens tätig. Sommers und winters. Bei jedem Wetter, jetzt gerade bei eiskalten Minus-Temperaturen. Tausende strömen aus der nahen
Untergrundbahnstation Yong Anli und eilen zu ihren Arbeitsplätzen in den CBD-Hochhäusern. Ein gutes Dutzend Strassenköche warten auf Kundschaft. Von Teigstangen im heissen Öl frittiert über Pfannkuchen bis hin zu Baozi und heisser Soya-Milch gibt es alles, was das chinesische Frühstücksherz begehrt. Günstig, billig, lecker.
Li Huidong stammt aus der Provinz Hunan, ist 32 Jahre alt und stellt Baozi her. Die besten in Peking, finde ich. Mit seinem Schicksal ist Li zufrieden: "Ich verdiene genug, um noch einige hundert Yuan pro Monat nach Hause zu schicken. Dort auf dem Dorf habe ich eine Frau und eine kleine Tochter." Nur zweimal im Jahr besucht Xiao Li – der kleine Li, wie ich ihn als älterer Herr vertraut nennen darf – seine Heimat Hunan, am chinesischen Neujahr und am Nationalfeiertag.
Die Kinderfaustgrossen Baozi gibt es in einer Gemüse- und einer Fleischvariante, das Stück zu anderthalb Yuan. Sie werden in Bambuskörbchen gedämpft. Hier ist das Rezept (ausdrucken und nachkochen!) – E Guete.
Baozi
• Teig: Aus Mehl, etwas frischer Hefe und Wasser einen Teig rühren. Eine Stunde stehen lassen. Auswallen in runde Plätzchen (Durchmesser etwa 8 Zentimeter)
• Fleischvariante: fein gehacktes Schweinefleisch
• Gemüsevariante: fein gehackter China-Kohl oder anderes Gemüse
• Fleisch oder Gemüse mit einer Marinade aus Sesam-Öl, Sonnenblumen-Öl, Soya-Sauce, Lauch und/oder Knoblauch, einer Prise Zucker, einer Prise Pfeffer und etwas fein geschabtem Ingwer verühren
• Die Fleisch- oder Gemüse-Mischung auf die runden Teigplätzchen legen. Teig nach oben zusammenfalzen
• Baozi ins Bambuskörbchen legen. Dämpfen
10. Januar 2011