Kurzer Leitfaden für die Retter der Schweiz
Es ist schwer, sich heute im Lärm der Selbstdarstellung Gehör zu verschaffen. Um so mehr kommt es darauf an, die eigene Stimme mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Geltung zu bringen. Fest auf die Pauke hauen, das bringt es. "Knüppel aus dem Sack" heisst das Rezept. Wir haben das in den letzten Monaten mehr als genug vorgeführt bekommen.
Es gibt ein paar nützliche Ratschläge, um sich beim Volk beliebt zu machen. Bei genauer Befolgung wird der Erfolg nicht ausbleiben.
Zeigen Sie sich entsetzt, beleidigt, empört. Das Empörungspotenzial kann nicht gross genug sein. Verlangen Sie eine Entschuldigung. Wer reklamiert, hat die grösste Aussicht, ernst genommen zu werden. Reissen Sie das Maul auf. Unterlassen Sie Argumente. Reden Sie mit einfachen Worten und verwenden Sie grobe Vereinfachungen. So wird man begreifen, dass Sie das Herz auf dem rechten Fleck tragen.
Übertreiben Sie, das kann nicht schaden und führt den Menschen die Lage des Landes drastisch vor Augen. Drohen Sie damit, dass der Schweiz eine Katastrophe bevorsteht, wenn Ihre Vorstellungen nicht durchkommen. Die Lichter gehen aus und noch viel mehr, wenn wir nicht sofort zwei, drei, viele neue Atomkraftwerke bauen. Oder wollen wir lauwarmes Bier trinken, weil der Kühlschrank nicht mehr geht?
Streiten Sie beharrlich ab, was Sie nicht widerlegen können. Wer etwas gegen Sie sagt, ist ein Besserwisser, ein Rechthaber, einer, der dem Land schadet. Lassen Sie sich von den Natur- und Konsumentenschützern nicht einseifen. Schimpfen Sie auf den Staat, der zuviele Verbote erlässt, zuviele Steuern erhebt, Verkehrskontrollen an jeder Strassenecke durchführt, die Faulenzer belohnt, die Freiheit bedroht, zum Beispiel durch Preisüberwachungen, und und und.
Wiederholen Sie bei jeder Gelegenheit, dass es jetzt reicht und Sie genug vom Schlamassel haben. Appellieren Sie an die bodenständige Schweiz. Sprechen Sie im Namen der Bevölkerungsmehrheit. Behaupten Sie, die Interessen des Landes zu vertreten, die von den anderen sträflich vernachlässigt werden. Auf diese Weise können Sie ihre eigenen Interessen prima als diejenigen der Allgemeinheit verkaufen.
Verwenden Sie das Wort Missbrauch so häufig wie möglich. Beteuern Sie, dass Sie der Einzige sind, der sich dagegen wehrt. Handeln sie verantwortungsbewusst und schieben Sie die Schuld der classe politique in die Schuhe, aber sagen Sie niemandem, dass Sie selber dazu gehören. Alles was recht ist!
Bemitleiden Sie sich öffentlich. Lange waren Sie gezwungen mitzuhelfen, dass der Dreck nicht an die Öffentlichkeit kommt. Erklären Sie die Schweiz zum Augias-Stall, den Sie ausmisten müssen. Opfern Sie sich. Machen Sie Ihren Anhängern deutlich klar, dass Sie die Dreckarbeit machen müssen, weil es sonst niemand macht. Und lassen Sie sich als Held feiern, als zweiten Herkules, als neuen Tell. Sie haben es verdient!
Machen Sie darauf aufmerksam, dass nur Sie den Rechtsstaat verteidigen, den die Anderen aufs Spiel setzen, und Sie allein für Sicherheit in diesem Land sorgen. Niemand sonst. Schluss mit der Vetterliwirtschaft! Null Toleranz! Endlich wird knallharte Opposition gemacht!
Auf Sie hat dieses Land lange gewartet.
21. Januar 2008
"Vielleicht stiftet Herr Schmidt eine ospelfreie Prämierung"
Gratuliere Herr Schmidt! Diesmal stimme ich Ihnen gerne und lustvoll zu, das heisst mit einem genüsslichen Lächeln, aber ohne Schenkelklopfen. Zumal diejenigen, welche als Profis Satiren schreiben und noch besser spielen könnten, auch nicht mehr das sind, was sie mal waren. Auch dort wirds immer lauter und derber, Giacobbo und Co. haben mich neuerdings schwer enttäuscht.
Aber Herr Graf, könnte es nicht genau so gut Toni Brunner sein? Also ich bin mir da nicht so sicher. Vielleicht stiftet Herr Schmidt analog zum Schnabelpreis eine ospelfreie Prämierung für denjenigen, der es herausfindet? Da wir wohl alle noch keine Möglichkeit hatten, in eine Steueroase zu flüchten, wären wir bestimmt mit einem bescheidenen Preis zufrieden, der umso inhaltsvoller ist, wie zum Beispiel ein Buch? Wär' das was ?
Brigitte Wenger Sahin, Basel
"Gut gemacht"
Bravo Herr Schmidt, treffender hätten Sie einen gewissen Herrn Christoph Blocher gar nicht beschreiben können. Gut gemacht.
Peter Graf, Basel