© Filmausschnitt by Biehler/Gerber
Ein Film als Kopf- und Türöffner der Stadtentwicklung
Basel, 11. Oktober 2010
Stadtentwicklung steht in Basel hoch oben auf der Liste öffentlicher Aufgaben. Anders als in früheren Jahrzehnten, als staatliche Departemente und Abteilung Planung als etwas Technokratisch-Geschlossenes erachteten und Bürger-Beteiligung auf das gesetzlich vorgegebene Minimum beschränkten, ist Stadtentwicklung heute eine departementsübergreifende Angelegenheit. Mit dem Begriff "Stadtentwicklung" verbinden sich zukunftsgerichtete Vorstellungen, aber auch Ängste, Bestehendes, Liebgewordenes zu verlieren.
Stadtentwicklung kann daher nur erfolgreich sein, wenn die Bürgerinnen und Bürger dem Prozess des Erneuerns grundsätzlich positiv gegenüber stehen. Dies wiederum ist nur zu erreichen, wenn die staatliche Verwaltung die Meinungen, Sorgen und Vorschläge aus der Bevölkerung ernst nimmt und Werkstatt-Gespräche auch redlich als solche versteht.
Um einen "möglichst breiten Dialog" (so Peter Gautschi, stellvertretender Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung) über den steten Erneuerungs- und Gestaltungsprozess der Stadt Basel zu ermöglichen, um die Köpfe zu öffnen in der Absicht, Entwicklung eher als Chance denn als Gefahr zu sehen, beauftragte die Abteilung für Kantons- und Stadtentwicklung die Filmschaffenden Armin Biehler und Cyrill Gerber mit der Produktion eines Stadtentwicklungs-Films. "Basel lebt", heisst der gut halbstündige Streifen, den die Medien heute Montagmorgen vorvisionieren konnten, und der heute Abend in der Dreispitzhalle vor 1'100 Interessierten seine Premiere feiert. Regierungspräsident Guy Morin wird den Abend mit den Worten eröffnen: "Basel ist so lebendig und vital wie noch nie."
Uffff – "Stadtentwicklung" in einem Film darstellen! Die beiden Autoren widerstanden der Verlockung, das ohnehin Unmögliche in abstrakt-schulmeisterlicher Art vermitteln zu wollen. Vielmehr nähern sie sich dem Prozesshaften in Metaphern an. In sieben thematischen Modulen – "dichten", "tragen", "spinnen", "säen", "dampfen", "spinnen" und "lieben" – lassen sie gewöhnliche Stadtbewohnende zu Bildern sprechen, die erst beim zweiten Blick mit Stadtentwicklung zu tun haben. So etwa die jugendliche Schülerin, den Skateboarder, die Pharmamitarbeiterin oder ums Dreiländereck radelnde Rentner, wobei die Kamera, oft tief gehalten, die Bewegung in hoher Schnittkadenz mitverfolgt und den Augen des Betrachters einiges abverlangt.
Am deutlichsten wird der Bezug zur Stadtentwicklung ganz am Schluss, wo die Hebamme ihre Rolle bei der Geburt eines Kindes beschreibt: Sie gebärt nicht, aber sie hilft, unterstützt und steuert – und manchmal greift sie auch ein. So etwa könnte auch Stadtentwicklung verstanden werden, denn "Stadtentwicklung denkt an die Kinder unserer Kinder", wie es an einer Stelle heisst. Der Film ist nicht plakativ, sondern höchstens subtil politisch – etwa, wo er den Abbruch der Schällemätteli-Kapelle (Bild oben) zeigt oder das Zitat dokumentiert, dass es Basel schaffe, "mit allen Nachbarn verärgert zu sein".
"Basel lebt", gedreht mit einem Budget von 80'000 Franken – davon 40'000 Franken aus staatlichen Mitteln –, soll nun ganz oder in Modulen zur Animation von Quartier-Workshops* verwendet werden. Ob er die Basler Köpfe öffnet und verkorkstes Denken zu lösen vermag, wird sich noch zeigen müssen.
* Der erste Anlass findet am 16. November um 18.30 Uhr in der Aula der Orientierungsschule "Dreirosen" statt.
Weiterführende Links:
- Heftige Debatte über das neue Basler Stadtwohnen
- CMS und Regierung thematisieren Verdrängungsängste
- Roche, der Turm und die Stadt: Debatte muss weitergehen
- In Kleinhüningen soll ein neues Hafenquartier entstehen
- Passiv-Guerillero Hans-Peter Wessels, Regierungsrat
- Stadterneuerung und Wohnraum: "Basel hat kein Verdrängungs-Problem"
- Ein Maisfeld am Aeschengraben, Tomatenbeete auf dem Landhof-Areal
- Bienenstöcke im Finanzzentrum, Hennen im Hinterhof
