![]() Freispruch im Sex-Fall Wehrli: Die Justiz im GrenzbereichVon PETER KNECHTLI 18. Mai 2002
![]() "Detaillierte Medien-Schilderungen beflügeln die Phantasie des Publikums" Mit der ganzen detaillierten Veröffentlichung um die vorgeworfene Schädigung der eigenen Tochter werden doch vor allem die neugierigen Bedürfnisse in der Öffentlichkeit bedient! Detailreiche Schilderungen aus Untersuchungen und Gerichtsverhandlungen beflügeln die Phantasie vieler LeserInnen... Aufschlussreich sind die Formulierungen in den Medien wie "Schändung" und andere sensible Begriffe. Es ist klar, dass in der Sexualerziehung von Kindern und Jugendlichen immense Probleme bestehen. Dass sie verdrängt werden und nur durch beispielhafte Prozesse an die Öffentlichkeit dringen, erleben wir seit ein paar Jahren. Geändert wurde nie etwas. Peter Thommen, Schwulenaktivist, Basel "Betroffene stehen ratlos und alleine da" Für mich stellt sich die Frage, wie sich eine Mutter verhalten soll, wenn Verdacht auf sexuellen Missbrauch besteht. Zwei Jahre hat es nun gedauert, bis der Angeklagte, mangels Beweisen, freigesprochen wurde. Die Betroffene, nämlich Melissa selbst, war die einzige Zeugin, sie hat sich überwunden und hatte gegen ihren eigenen Vater ausgesagt. Dieser bestreitet alles und bekommt Freispruch. Wo ist nun die Wahrheit? Wieviel zählt die Aussage eines Kindes? Vor lauter Gutachten, Meinungsäusserungen verschiedener Leute, Medienkommentaren und sich stapelnden Akten hat man wohl den Überblick verloren und der leidigen Geschichte einfach ein Ende gemacht. Trauriges Fazit: Die Betroffenen stehen nach all ihren Bemühungen ziemlich ratlos und allein da. Sandra Petry, Neukirch "Aus Ihrem Kommentar spricht fühlbares Engagement" Ich möchte Ihnen ein Kompliment machen. Die Nähe und Intimität, welche aus Ihrem Kommentar spricht, das fühlbare Engagement, aber auch die Kenntnis der Hintergründe, ist überaus wohltuend. Wenn ich die übrige Presse dazu Revue passieren lasse, beginne ich zu ahnen, welcher Dschungel sich da auftut, welcher Angelpunkt an Macht, Täuschung oder eben sauberer, objektiver Information sich offenbart. Ich denke da vor allem an den Fall Borer. Ist in solchen Fällen ein normaler Konsument all dieser Presse- oder Medienerzeugnisse überhaupt noch fähig, den Spreu vom Weizen zu trennen? Was ich als das Besondere in Ihrem Kommentar empfand, ist die plastische, ins Detail gehende Betrachtung, ein dreidimensionales, farbiges Bild glaubt man zu sehen. Die Konkurrenz, soweit ich sie gelesen habe, blieb da bei 2D und Graustufen. Marcel Endress, Gelterkinden "Fachkräfte missbrauchen unsere Kinder" Ich bin erschüttert über die Fachkompetenzen von Begutachtern und Untersuchern, die selbst auf dem Buckel von Kindern keine Selbstbegrenzung findet. Im Fall Wehrli liegt einmal mehr der Tatbestand von Kindswohlmissbrauch vor, aber nicht durch den Vater. Kein Einzelfall, wie man immer wieder aus Zeitungsberichten mit Beschreibungen aus Gerichtsverhandlungen und von Suggestionstechniken der Befrager entnehmen kann. Wenn Fachleute Offizialdelikte (Kindswohlmissbrauch) begehen, bleibt es ruhig. Wenn Väter schon nur Verdächtigungen ausgesetzt werden, beginnt eine "Hexenjagd". Der Fall Wehrli ist nicht fertig. Die Zeche werden sonst andere Kinder und Väter bezahlen, die, die morgen mit den grossartigen Fachkompetenzen den gleichen etablierten Begutachtern und Untersuchern konfrontiert sein werden. Das gleiche Spiel von neuem? Trägheit darf hier keinen Platz finden. Roger Kaufmann, Rothrist "Wieder Vertrauen in die Untersuchungsbehörden herstellen" Tochter, Mutter und Vater haben jetzt ein Anrecht, dass Ruhe einkehrt und sie in Ruhe gelassen werden. Fakt ist, dass das Gericht von den Untersuchungsbehörden im Regen stehen gelassen wurde. Der Freispruch ist mehr als vertretbar. Wer sich nichts hat zu Schulden kommen lassen hat, kann auch nicht verurteilt werden. Nebst Beweisen für die Anklage des Staatsanwaltes, fehlten dem Gericht offensichtlich auch die Indizien. Ich frage mich, wie weit die Untersuchungsbehörden für diese Entwicklung ihre Verantwortung gegenüber den Betroffenen, aber auch gegenüber dem Gericht und Staat zu tragen haben. Wenn offensichtliche Mängel vorliegen, ist diese Frage mehr als berechtigt. Für ein förderliches Vertrauen in ihr Handeln haben die Untersuchungsbehörden jedenfalls nicht gesorgt. Dass sich ein betroffener Vater gegen die schweren Anschuldigungen wehrt, ist mehr als verständlich. Um so mehr, wenn er ein unbescholtener Staatsbürger ist und mit seinem politischen Engagement in der Öffentlichkeit mehr als andere wahrgenommen wird. Auch sei die Frage erlaubt, ob und wie der Kinderschutz überhaupt funktioniert. Kinderschutz, so wie ich ihn verstehe, bedeutet für mich Schutz nach allen Seiten und Entwicklungen, die ein so sensibles Verfahren tragischerweise mit sich bringen. Yvonne Meier, Riehen "Meine Aussage war auf den Augenblick der Untersuchung bezogen" Wenn Sie schreiben, jeder Mutter, die einen ernsthaften Verdacht auf sexuelle Vergehen des Vaters hegt, müsse Mut zugesprochen werden, den dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Weg zu beschreiten, dann teile ich diese Meinung voll und ganz. Meine Aussage vor Gericht ("Ich verstehe jetzt jede Frau, die trotz Verdachts auf sexuelle Übergriffe von einer Anzeige bei der Polizei absieht"), war nur auf den Moment bezogen, in dem ich meine Tochter auf dem Gynäkologenstuhl erlebte - keinesfalls generell. Im Gegenteil: Auch ich möchte allen Frauen dazu raten, trotz Hürden, enormem finanziellem Aufwand, Angst und vielen Tränen, sich beraten zu lassen und beim kleinsten Verdacht die Ratschläge der Fachleute zu befolgen. Die Mutter von Melissa, Name der Redaktion bekannt |
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