© Fotos by G. & B. Schachenmann, ZGF, GF, AWS
                
                
                "Nicht wieder gut zu machende Zerstörung": Gnu-Wanderung in der Serengeti
                
                
                Jetzt soll die Serengeti doch noch sterben müssen
                
Dem tansanischen Weltnaturerbe und seinen einzigartigen Wildtierwanderungen droht eine todbringende Schnellstrasse
                
                
                Von Ruedi Suter
                
                
                
                Die weltberühmte Serengeti ist bedroht: Tansanias Regierung will 2012 eine Handelsstrasse mitten durch das Gebiet der grössten Tierwanderungen der Welt treiben. Das Vorhaben hat einen internationalen Aufschrei provoziert – und die im Gebiet dank Bernhard Grzimek engagierte Zoologische Gesellschaft Frankfurt gezwungen, endlich Stellung zu beziehen: Für den Nationalpark wäre eine "Trans-Serengeti" das sichere Ende.
                
                Hoch oben am Himmel kreisen grosse Vögel in weiten Schlaufen. Es sind  Geier. Sie halten Ausschau nach Kadavern oder Tieren, die tief unter  ihnen im wildreichsten Gebiet der Erde verletzt oder altersgeschwächt  ihrem Ende entgegensehen. Meistens sind es Antilopen wie Gnus, aber auch  andere Arten wie Zebras, Giraffen, Büffel, Strausse, Warzenschweine,  Flusspferde, Krokodile, Hyänen, Löwen, Leoparden und viele kleinere  Tiere. Sie alle bevölkern die riesigen Weiten des  Serengeti-Nationalparks im nördlichen Tansania. 
Auch Elefanten  gibt es hier seit einigen Jahren wieder zahlreicher zu sehen, und selbst  ein paar der in Ostafrika beinahe ausgerotteten Spitzmaulnashörner  trotten dank den verschärften Schutzmassnahmen wieder durch den  Akazienbusch des 14'763 Quadratkilometer grossen Schutzgebiets. Doch  neuerdings symbolisiert das Kreisen der Geier eine ganz andere Gefahr –  das einzigartige Wildparadies mit den riesigen Tierwanderungen ist durch  politische Ränkespiele und wirtschaftliche Begehrlichkeiten  existenziell bedroht. Was seit Jahren schon diskutiert wird, soll 2012  endlich Wirklichkeit werden: Eine Schnellstrasse quer durch den Norden  der Serengeti. Ihre Realisierung wäre der Anfang vom Ende des wertvollen  Biosphärenreservats. 
"Serengeti darf nicht sterben"
"Da  sitze ich nun, achtundvierzig Jahre alt, am trüben Morgen des 11.  Dezember 1957 in unserem einmotorigen Flugzeug und fliege in 200 Meter  Höhe den Rhein entlang nach Süden, nach der Schweiz. (...) Mir ist etwas  beklommen zumute. Wir sind am Beginn eines 10'000 Kilometer langen  Fluges über das Mittelmeer,  die  Wüste, Ägypten, Zentralafrika bis über den Äquator hinweg. (...) Nie  hätte ich geglaubt, dass ich einmal als Pilot in einem Maschinchen bis  an den Victoriasee fliegen würde."
die  Wüste, Ägypten, Zentralafrika bis über den Äquator hinweg. (...) Nie  hätte ich geglaubt, dass ich einmal als Pilot in einem Maschinchen bis  an den Victoriasee fliegen würde." 
 
So beginnt der Bestseller "Serengeti darf nicht sterben" des  deutschen Tierarztes, Naturschützers und Zoodirektors Bernhard Grzimek  (1909-1987, Bild). Sein engagiertes Buch und der gleichnamige Film über  die Gefährdung des 1951 gegründeten Nationalparks machten die Serengeti  weltweit und gerade noch rechtzeitig zu einem Begriff: Der Appell des  weitsichtigen Professors für die Erhaltung der Tiere und der  Landschaften rettete der Menschheit eine einzigartige Wildnis. 
Nicht  zuletzt dank Bernhard Grzimek, den eine Männerfreundschaft mit  Tansanias erstem Präsidenten Julius Nyerere verband, schuf das Land  musterhaft viele neue Nationalparks und konnte die Serengeti bis in die  Gegenwart vor allzu vielen zivilisatorischen Einflüssen bewahrt werden.  Die Naturschutzorganisation Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF),  deren Präsident Bernhard Grzimek war, hat bis heute ihr  richtungsweisendes Engagement in der Serengeti aufrechterhalten. Doch  den längst fälligen Alarm hat nicht sie ausgelöst. Das waren andere, die  couragierter sind und sich weniger im Dorngebüsch afrikanischer  Interessenspolitik verheddert haben. 
Im Visier der  Grossinvestoren
Fakt ist, dass der von der Regierung geplante  Highway und die ihn umrankenden Gerüchte die Gemüter schon seit Jahren  immer wieder erregt. Nach allen bislang vorliegenden Informationen  handelt es sich letzten Endes um eine strategische Handelsstrasse,  welche Häfen wie jenen von Tanga am Indischen Ozean  direkt mit den Binnenländern des zentralen Afrikas verbinden soll.
"Leider  ist diese geplante Strasse kein Einzelfall, sondern Teil des gesamten  'Northern Corridor'-Projektes, das auch eine Sodafabrik am Natronsee und  einen neuen 'Tiefseehafen' in der Mwambani-Bucht in Tanga vorsieht:  Also mitten im neuen, 2009 deklarierten Marinepark für Quastenflosser",  erklärte eine Umweltschützerin gegenüber OnlineReports. Hinter solchen  Vorhaben steckt auch das zunehmende Interessen der Grossmächte und des  Welthandels an Ostafrika und Tansania. Um das politisch immer noch  stabile, jedoch von Korruption gebeutelte Land mit seinen grossen  Rohstoffreserven und Touristenattraktionen buhlen heute vor allem  Investoren aus westlichen Industrieländern, China und den arabischen  Staaten. 
Die geplante "Trans-Serengeti" würde von der Ortschaft  Loliondo – parallel zur Grenze Kenias und dessen angrenzendem  Massai-Mara-Wildschutzgebiet – in  Richtung  Westen durch die Serengeti zum Ort Mugumu und weiter nach Musoma zum  Victoriasee führen.
Richtung  Westen durch die Serengeti zum Ort Mugumu und weiter nach Musoma zum  Victoriasee führen. 
 
Die Regierung gibt sich entschlossen, das Vorhaben durchzuboxen. Im  Oktober sind Wahlen, und so argumentiert sie mit ausschliesslich  wirtschaftlichen Aspekten: Von der Verbindung könnten endlich auch die  schlecht zugänglichen Ortschaften und ihre Einwohner westlich der  Serengeti profitieren. Eine bessere Route bedeute mehr Handel,  Erleichterungen und Fortschritt. Auf dem Highway würden jedoch neben  Bussen und Personenwagen Tag für Tag auch Kolonnen schwerer Lastwagen  rollen. Just das Teilstück durch den Nationalpark ist aber für das  Ökosystem Serengeti von eminenter Bedeutung. Grund: Hier zieht jedes  Jahr die grösste Tierwanderung der Welt mit gegen zwei Millionen Gnus  und Zebras durch. 
Wichtige Kritiker kaltgestellt
Die  Asphaltpiste hätte ein brutales Durchschneiden der Wanderrouten zur  Folge. Darum befürchten Parkbehörden, Ökologen und Zoologen ein noch nie  dagewesenes Massaker. Tausende angefahrener, verletzter und  überfahrener Wildtiere müssten in Kauf genommen werden, befürchtet unter  anderem auch Professor Claude Mung'ong'o vom Ressourcen-Institut der  Universität Dar-es-Salaam. Überdies würde die nördliche Serengeti für  die dort ohnehin grassierende Wilderei noch besser zugänglich.
 
 Schlaflose Nächte verursachte das Projekt vor Jahren schon dem damaligen  und langjährigen Generaldirektor der Tansanischen Nationalparkbehörde  (Tanapa), dem Zoologen Gerald Bigurube. Er wie auch andere führende  Tanapa-Beamte wehrten sich lange gegen die "commercial road" und  erklärten den Ministerien mutig, diese Strasse dürfe niemals gebaut  werden. 
Der als integer geltende Bigurube musste dann aber  aufgrund dubioser Korruptionsvorwürfe seinen Posten räumen – gleich wie  zuvor sein Vorgänger Lota Melamari, der bei anderen Ärgernissen  ebenfalls kein Blatt vor den Mund nahm und schliesslich seinen Hut zu  nehmen hatte. Bigurube wurde unlängst von der ZGF angestellt, und  Melamari setzt sich heute als Direktor der tansanischen  Wildschutzgesellschaft (WCST) vehement gegen das "destruktive  Strassenprojekt" ein, "welches alle bisherigen Anstrengungen zur  Erhaltung dieses kulturellen und natürlichen Erbes" zunichte mache. Auch  die Weltbank will vom Projekt nichts wissen. Ihr zuständiger  Mitarbeiter Dieter Schelling erklärte öffentlich, seine Institution sei  bereits südlich der Serengeti beim Ausbau einer Alternativstrasse nach  Musoma am Victoriasee engagiert. Doch diese wird, da sie länger ist, von  Wirtschafts- und Regierungskreisen als kostspieliger "Umweg" schlecht  gemacht.
Protest aus der Schweiz
Der Sturm der  Entrüstung, zuerst von besorgten Individuen und kleineren  Nichtregierungsorganisationen (NGO) angefacht, hat in den letzten Wochen  an Heftigkeit massiv zugenommen, der nationale und internationale Druck  via Medien, Protestnoten und Internet auf die tansanische Regierung  ebenfalls. In der Wirtschaftsmetropole und früheren Hauptstadt  Dar-es-Salaam raten die meisten Diplomaten, worunter auch die Vertreter  der Schweiz, so vernehmbar wie möglich von einer Realisierung der  Strasse ab. Tourismus-Organisationen protestieren, weil sie massive  finanzielle Einbussen befürchten. Und der Nachbarstaat Kenia mit seinem  an die Serengeti grenzenden Touristenmagnet, dem  Massai-Mara-Schutzgebiet, zeigte sich empört über das Strassenvorhaben.  Es würde auch den Wildtierwanderungen in den Massai-Mara übel  mitspielen. 
 
Aktiv wurde überdies der Verein "Freunde der Serengeti Schweiz"  (FSS). 
Diese NGO setzt sich seit über einem Vierteljahrhundert in  der Schweiz und in Tansania schwerpunktmässig für den berühmten  Nationalpark ein. Ihr Präsident, der Schlierener Arzt Beni Arnet,  fordert nun in einem am Wochenende abgeschickten Schreiben Tansanias  Präsident Jakaya Mrisho Kikwete  auf,  das Projekt umgehend fallen zu lassen: "Aus unzähligen anderen  Beispielen auf der Welt wissen wir, dass sensible Ökosysteme  Handelsstrassen dieser Art niemals verkraften."
auf,  das Projekt umgehend fallen zu lassen: "Aus unzähligen anderen  Beispielen auf der Welt wissen wir, dass sensible Ökosysteme  Handelsstrassen dieser Art niemals verkraften." 
 
Der Bau des Highways, so Arnet weiter, wäre der Beginn einer nicht  wieder gut zu machenden Zerstörung des Serengeti-Ökosystems. "Wir können  nicht ein Gebiet unterstützen, das von einer Regierung mit ruinösen  Bauplänen als nicht mehr schutzwürdig erachtet wird", warnt der  FSS-Präsident mit einem Blick in die Zukunft. Sein Schreiben schliesst  mit der Befürchtung, sich beim Bau aus dem Schutzgebiet zurückziehen zu müssen und der Bitte, doch der Serengeti ihren Frieden zu lassen.
"Grzimek-Nachfolger"  wiegelt ab
Arnet hatte auf einer Informationsreise bereits  2007 im östlichen Projektgebiet Strassenbau-Profile entdeckt. Seine  Nachfrage bei Landsmann Markus Borner, zuständig für alle  Afrika-Projekte der ZGF, wurde jedoch verharmlosend beantwortet. Die  Sache sei vom Tisch, meinte der seit Jahrzehnten in der Serengeti  lebende und von den Medien als "Grzimek-Nachfolger" hoch stilisierte  Schweizer. Auch gegenüber Medienleuten, die ihm damals bereits konkrete  Fragen stellten, hielt sich Borner bedeckt.
Seine Begründung: Die  ZGF arbeite "auf Vertrauensbasis mit der Regierung zusammen" und könne  und wolle sich deshalb nicht äussern. So bezieht er im Einverständnis  mit der Zentrale in Frankfurt – und ganz im Gegensatz zu seinem  "Ziehvater" Bernhard Grzimek – nur im höchsten Notfall klar Stellung.  Dies allerdings nicht nur aus persönlichen Gründen: Tansania hat sich  seit Grzimeks Tagen verändert, dessen Klartext-Sprache würde kaum mehr  geduldet. Überdies müssen sich heute Markus Borner und die ZGF in einem  politisch schwierigen, zunehmend von Korruption geprägten Umfeld  behaupten. Konfrontationen werden darum tunlichst vermieden. 
Bedrohte  Wildtiere
So reagierte die Zoologische Gesellschaft  Frankfurt, die in Tansania nach wie vor ein beträchtliches Gewicht hat,  erst durch den Druck der allgemeinen Empörung auf die Bedrohung. Doch  wenigstens ist ihre späte und von Gerald Bigurube mitformulierte  Erklärung gegen das Strassenbauprojekt ausführlich und  unmissverständlich ausgefallen. Die ZGF lässt keine Zweifel offen, dass  eine "Trans-Serengeti" verheerende Folgen auf das Ökosystem hätte. Mit  der Schnellstrasse würden überdies Tierkrankheiten in den Park  geschleppt, die den Wildbestand rasch reduzieren könnten, warnt die  Organisation unter anderem. 
Die von ihrem Direktor Christof  Schenck gezeichnete und an die tansanische Regierung gerichtete  Stellungnahme endet diplomatisch versöhnlich: "Wir sind überzeugt, dass  die Leader und das Volk Tansanias nichts unternehmen werden, was die  berühmte Serengeti zerstören würde."
 
 Dem steht unter anderem eine Wahlrede des heutigen Präsidenten Kikwete  entgegen. Der als Hoffnungsträger für die Umwelt und gegen die  Korruption angetretene Politiker hatte bereits 2005 im  Serengeti-Distrikt klar gemacht, dass er den Highway zur Aufwertung der  wirtschaftlich vernachlässigten Region auf jeden Fall bauen lassen  wolle. Dass das dem Biosphären-Reservat schadet – zu ihm gehören auch  der Ngorongoro-Krater und das Massai-Mara-Schutzgebiet –, scheint ihn  zurzeit nicht weiter zu bekümmern.
Partnerschaft mit  US-Amerikaner
Allerdings stecken die Frankfurter auch noch  aus einem anderen Grund im Schlamm. Sie haben sich mit dem US-Milliardär  und Hedge Funds-Spezialisten Paul Tudor Jones (PTI) eingelassen, der in  Tansania über seine "Grumeti"-Unternehmen schon gegen 100 Millionen  Dollar investiert haben soll.  Dies  vor allem in erfolgreiche Wildschutzprojekte unweit des Grumeti-Flusses  in der westlichen Serengeti und in den Bau einsamer Luxus-Lodges für die  Super-Reichen dieser Welt.
Dies  vor allem in erfolgreiche Wildschutzprojekte unweit des Grumeti-Flusses  in der westlichen Serengeti und in den Bau einsamer Luxus-Lodges für die  Super-Reichen dieser Welt. 
Der Namen des betuchten  Obama-Unterstützers fiel in den letzten Jahren jedoch regelmässig auch  im Zusammenhang mit dem Bau eines internationalen Flughafens beim  Städtchen Mugumu knapp ausserhalb der West-Serengeti – und dem daran  gekoppelten Strassenprojekt quer durch die Serengeti. Gemäss  verschiedener Quellen habe der angeblich überzeugte Umweltschützer PTJ  seine Bereitschaft kundgetan, für die beiden teuren Vorhaben auch gleich  das nötige Geld aufzuwerfen. 
Gefährdetes Prestigeprojekt 
Nicht  genug: Paul Tudor Jones steckte nun gegen sechs Millionen Euro in ein  Prestige-Projekt der ZGF: Die Wiederansiedlung von 32 Ostafrikanischen  Spitzmaulnashörnern aus Südafrika in der Serengeti. Kauf, Einfangen,  Transport, Auswilderung und der Schutz durch eine extra ausgebildete  Spezialtruppe werden vom Amerikaner finanziert. Am 21. Mai landete vor  500 geladenen Gästen aus aller Welt eine Lockheed C-130  Hercules-Transportmaschine mit den ersten fünf Nashörnern auf der  Sandpiste des Serengeti-Hauptquartiers Seronera. 
Unter den  Augenzeugen der Landung und des Beginns der "grössten Umsiedlung dieser  Art" (ZGF) gab sich ein Mann bei seiner Ansprache besonders begeistert –  Tansanias Regierungsoberhaupt Kikwete. Das von ihm geforderte und von  Milliardär Jones befürwortete Highway-Projekt wurde zu dieser Zeit  längst schon heftig diskutiert. Doch die ZGF hielt still, wohl aus  Furcht, den Präsidenten wie auch Mäzen Paul Tudor Jones vor den Kopf zu  stossen. Ihre öffentliche Stellungnahme gegen die Strasse erfolgte erst  drei Wochen später, nachdem die deutsche Gesellschaft endgültig ihre  Glaubwürdigkeit zu verlieren drohte. Dies wiederum war für besorgte  Kritiker selbst innerhalb der Nationalparkbehörde um Monate, wenn nicht  gar um Jahre zu spät.
Heilloses Durcheinander
Geradezu  widersinnig scheint da die Wahl des neuen Lebensraums für die aus  Südafrika eingeflogenen Nashörner: Er befindet sich ebenfalls im Norden  der Serengeti und könnte von Wilderern über die geplante Handelsstrasse  relativ einfach erreicht werden. Dass Nashornwilderer, zumeist von  chinesischen Verbrechersyndikaten angeheuert, heute keine Mittel mehr  scheuen und neuerdings sogar mit Helikoptern operieren, zeigen die  Zustände im bislang  beim  Wildschutz sehr gut organisierten Südafrika. Allein 2009 wurden dort –  trotz der professionellen Antiwilderei-Einheiten – über 120 Nashörner  ihres Nasenhorns wegen umgebracht. Hier stellt sich vor allem die Frage,  wie die tansanischen Ranger mit ihren relativ beschränkten Mitteln die  Nashornkiller abwehren wollen.
beim  Wildschutz sehr gut organisierten Südafrika. Allein 2009 wurden dort –  trotz der professionellen Antiwilderei-Einheiten – über 120 Nashörner  ihres Nasenhorns wegen umgebracht. Hier stellt sich vor allem die Frage,  wie die tansanischen Ranger mit ihren relativ beschränkten Mitteln die  Nashornkiller abwehren wollen.
Rettet also Milliardär Paul Tudor Jones (Bild) mit Hilfe der ZGF  Ostafrikanische Nashörner aus Südafrika, um sie in Tansania auszuwildern  und später den Wilderern durch eine mitfinanzierte Schnellstrasse quer  durch die geöffnete Serengeti auf dem Silbertablett zu präsentieren?  Dies anzunehmen, halten selbst seine misstrauischten Kritiker für  absurd. Klar scheint nur: Bei der Planung der gross angekündigten  Nashorn-Rückführung nach Tansania wurden wichtige Zusammenhänge nicht  erkannt – oder aus politischen Überlegungen oder Prestigegründen bewusst  ignoriert. 
US-Milliardär krebst zurück
So  begeistert Tansanias Präsident Kikwete die Ankunft der ersten fünf  Nashörner aus Südafrika bejubelte, so unnachgiebig tönen er und seine  Regierung beim Projekt: Der Highway werde gebaut. Ob er das wirklich  wird, ob Tansania tatsächlich das UNESCO-Weltnaturerbe Serengeti so  leichtfertig opfert, ist noch nicht in Stein gemeisselt. Unterdessen hat  der internationale Druck auf das Land enorm zugenommen. Unterdessen hat  sich aber auch Paul Tudor Jones persönlich ein Bild von der Lage im  tansanischen Busch gemacht. Diesen Juli soll er nun versichert haben,  die geplante Strasse nicht mehr zu unterstützen und dies in diesen Tagen  dem Präsidenten auch persönlich zu begründen. Damit dürften Tansania  auch die Finanzen zur Realisierung der "Trans-Serengeti" fehlen.  Zumindest so lange, bis ein neuer Geldgeber einspringt, China zum  Beispiel.
Ob die Serengeti bald sterben wird, bleibt vorderhand  offen. Sicher ist nur, dass das prächtige Biosphärenreservat wie auch  Tansania mit seinen attraktiven Ressourcen zunehmend die Begierden  grosser Investoren wie Staaten, Minen- und Tourismuskonzernen weckt.  Überdies nehmen Bevölkerungsdruck und der Kampf um Land an den Grenzen  des Nationalparks weiter zu: Die letzte Schlacht um die Serengeti ist in  vollem Gang – und das Kreisen der Geier über diesem von vielen Seiten  bedrohten Paradies auf Erden dürfte so schnell seine Doppeldeutigkeit  nicht verlieren.
 
Transparenz: OnlineReports-Autor Ruedi  Suter ist auch Redaktor von "HABARI", der Zeitschrift des Vereins  "Freunde der Serengeti Schweiz" (FSS).
                20. Juli 2010
                
                
                
                
                    
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