"Wir sind von Interpol": Wie blöd sind ältere Menschen?
Basel, 10. Januar 2020
Sind ältere oder alte Menschen zu gutgläubig? Blauäugig? Oder einfach blöd? Vielleicht sind sie einfach nur einsam, und niemand – weder Bekannte noch Angestellte an Bank- oder Postschaltern – warnt sie rechtzeitig vor der grassierenden, äusserst erfolgreichen Betrugsmasche.
Vorgestern wurde bekannt, dass eine 79-jährige Frau auf dem Basler Bruderholz von einem angeblichen "Oberkommissar" angewiesen wurde, 50'000 Franken beim Bruderholzweg zu deponieren, weil das Geld angeblich "unsicher" sei. Die Rentnerin wurde etwas misstrauisch und deponierte 30'000 Franken – wie verlangt – neben einer Mülltonne. Auf Nimmerwiedersehen 30'000 Franken!
Heute Freitag meldet die Staatsanwaltschaft, dass eine 67-jährige Frau mit derselben Masche 25'000 Franken verlor. Ein angeblicher "Polizist von Interpol" forderte sie auf, der Polizei den Betrag zur Prüfung auf Falschgeld zu übergeben.
Geldkuvert bei der Johanniterbrücke deponiert
Als die gute Frau den hohen Betrag bei der Post abhob – anscheinend ohne dass sie gewarnt wurde –, stellte sie fest, dass sie von zwei Männern beobachtet wurde. Während der ganzen Zeit erhielt sie vom "Interpol-Polizisten" sodann Anweisungen über das Smartphone. Ihr wurde gesagt, dass sie sich strafbar mache, wenn sie die Notenscheine nicht überprüfen lasse.
Anschliessend begab sich die Dame an den Unteren Rheinweg und deponierte das Geld nahe der Johanniterbrücke auf einem Tisch. Kurz darauf erschien einer der Männer, der sie zuvor in der Post beim Geldbezug beobachtet hatte, behändigte das Kuvert mit 25'000 Franken und entfernte sich in Richtung Florastrasse. Auf Nimmerwiedersehen 25'000 Franken!
• OnlineReports-Fahndungshilfe. Gesucht werden:
1. Unbekannter, ca. 30-35 Jahre alt, ca. 180-190 gross, ca. 70-75 kg schwer, weisse Hautfarbe, schlank, gepflegte Erscheinung, kurze schwarze Haare, dichte, buschige schwarze Augenbrauen, schmale, leicht gewölbte Lippen, trug eine Brille, schwarze Wollmütze, grauen Mantel, dunkle bzw. graue Hose
2. Unbekannter, ca. 30-35 Jahre alt, ca. 70-80 kg schwer, weisse Hautfarbe, schlank, mittellange gelockte hellblonde Haare, oval-rundliches Gesicht, dünne Augenbrauen schmale Lippen, trug helle / beige Jacke
Zeugen-Angaben an Telefon 061 267 71 11 oder an einen Polizeiposten.

"Soeben erhielt ich auch einen Anruf"
Soeben erhielt ich ebenfalls einen Anruf von so einem Betrüger. "Müller, Kriminalkommissar. Sind Sie Herr Berger?" Perfektes Hochdeutsch. Auf meine Bestätigung hin: "Ihre Tochter hatte soeben einen Unfall!" Kein Name von einer unserer Töchter! Meine Antwort: "Ich lasse mich nicht verarschen." Dann haben wir beide aufgehängt. Nummer des Anrufers: Anonym. Anschliessend habe ich die Polizei informiert.
Hanspeter Berger, Basel
"Warnung über staatliches Rundschreiben"
Herr Berger stellt die richtige Frage, Herr Heuberger macht einen sinnvollen Vorschlag. Ich würde noch weiter gehen und darum bitten, ein staatliches Rundschreiben mit einer Warnung an alle Haushalte der Stadt zu verschicken und darin zu betonen, dass die echte Polizei niemals von Menschen verlangen würde, Geld oder Wertgegenstände auszuhändigen oder gar irgendwo zu deponieren! Die Enkeltrick-Masche sollte ebenso angesprochen werden.
Meine 97jährige Mutter, die in einem Pflegeheim wohnt, erhielt ebenfalls vor ein paar Wochen einen Anruf von einem "Polizisten", der nach ihrem Schmuck fragte. Zum Glück hat sie mich gleich benachrichtigt und ich konnte sie warnen und die Heimleitung informieren. Auch Altersheime sollten ihre InsassInnen auf die Gefahr von Betrügern aufmerksam machen.
Das Problem liegt bei den Betagten nicht nur in der Naivität und Einsamkeit, sondern vor allem darin, dass die Menschen früher zur Obrigkeitsgläubigkeit erzogen wurden.
Esther Murbach, Basel
"Das wäre mal eine sinnvolle Dienstleistung"
Wie wär's, wenn allen Bank- oder Postkonto-Besitzern zu den regelmässigen Abrechnungen mal ein kurzgefasstes Informationsschreiben der Polizei dazu gelegt würde? Das wäre mal eine sinnvolle Dienstleistung der Banken und der Post.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Gauner wissen gut Bescheid"
Hier stellt sich viel eher die Frage "Woher wissen die Gauner, wer soviel Geld hat?" Am ehesten doch durch die Banken oder die Post!
Hanspeter Berger, Basel
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