Polizei verhindert WEF-Demo durch Basler Innenstadt
Basel, 29. Januar 2005
Zu einer Konfrontation zwischen rund 350 Gegnern des World Economic Forum (WEF) in Davos und der Polizei kam es heute Samstagnachmittag in der Basler Innenstadt. Demonstranten und Polizei kritisieren sich gegenseitig.
Nachdem laut Polizeiangaben "trotz mehrfachen Aufrufs kein Bewilligungsgesuch für eine Anti-WEF-Kundgebung in Basels Innenstadt eingereicht worden war", verhinderten die Ordnungshüter am Samstagnachmittag einen Demonstrationszug vom Barfüsserplatz in die City. Rund 90 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Die Kundgebungsteilnehmer werden verzeigt. Die Basler Polizei war mit "starken Kräften" präsent. Unterstützt wurde sie von Korps aus Baselland, Solothurn, Aargau, Bern sowie der Stadt Bern.
Bereits vor Beginn der Kundgebung waren rund 50 von auswärts angereiste Demonstranten beim Bahnhof SBB vorläufig festgenommen worden. Auf dem Barfüsserplatz hatte die Polizei die Demonstrierenden mehrfach aufgefordert, die Kundgebung aufzulösen. Ein Teil der Demonstranten leistete dieser Aufforderung Folge. Die restlichen etwa 150 Manifestanten, die versuchten durch die Gerbergasse Richtung Marktplatz zu ziehen, wurden mittels eines Wasserwerfers gestoppt, eingekesselt und einzeln kontrolliert. Rund 40 Personen wurden zu näheren Abklärungen auf die Bezirkswachen und den Waaghof gebracht.
Weder auf Seite der Demonstranten noch auf jener der Polizei wurden Personen verletzt. Es kam zu leichten Sachbeschädigungen an einem Fahrzeug der Einsatzkräfte, ebenso ging ein Fenster zu Bruch.
• Der Polizeieinsatz stiess seitens der Demonstrierenden auf heftige Kritik. "Was heute geschehen ist, bedeutet den Abbau der demokratischen Rechte und der freien Meinungsäusserung. Das unverhältnismässige Aufgebot der Polizei hatte nur den Zweck, eine Eskalation herbeizuführen. Basel tritt mit dem heutigen Tag endgültig in eine neue Ära des Demokratieverständnisses ein. Zunehmende Repression, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Einschränkung der Versammlungsfreiheit, etc. Sieht so unsere Zukunft aus?", fragt sich die Neue Partei der Arbeit und schildert: "Es dauerte nicht lange, da war das Gelände vor der Barfüsserkirche von mobilen Absperrgittern umgeben. Danach kam die Aufforderung des Einsatzleiters, das Gelände innerhalb von drei Minuten zu räumen und somit diese 'illegale' Versammlung aufzulösen. Ein Grossteil der DemonstrantInnen folgte dieser Aufforderung. Es verging etliche Zeit, bis uns endlich mittgeteilt wurde, wo sich der Ausgang aus dem Kessel befindet. Und danach dauerte es noch länger bis wir endlich rausgelassen wurden."
• Die links-grüne Partei "Basta" schreibt: "Es ist schon grotesk: Während in Davos die weltweit aktiven Gewalttäter, deren zerstörerisches Wirken täglich Menschenleben kostet, ihre Macht demonstrieren, hofiert vom Bundesrat und beschützt durch ein immenses Polizei- und Militäraufgebot, werden Proteste gegen das WEF im Keim erstickt und Kritikerinnen und Kritiker des WEF wie Kriminelle behandelt. Wenn es die Absicht der Regierung war, den vorwiegend jungen Demonstrierenden eine abschreckende Lektion in Sachen Demokratie zu erteilen und ihnen nahe zu legen, das nächste Mal schon gar nicht zu versuchen, mit demokratischen Mitteln zu protestieren, können wir nur sagen: Bravo, Ziel erreicht! Das provokative Vorgehen der Polizei ist umso unverständlicher, als in der vergangenen Woche alle Proteste gegen das WEF friedlich verlaufen sind. Schon jetzt steht fest, dass dieser völlig unverhältnismässige Polizeieinsatz im Grossen Rat ein Nachspiel haben wird."
• Von einem "totalen Verhältnisblödsinn" sprechen die Jungsozialisten. "Den gewöhnlichen Passanten überkam das Gefühl, diese Stadt befinde sich im Kriegszustand. Eine unbewilligte Demonstration gegen das WEF bildete die Grundlage für ein 500 Mann starkes Polizeiaufgebot. Zu dieser Demo aufgerufen hatten linksradikale Splittergruppierungen; da diese bewusst auf das Einholen einer Demonstrationsbewilligung verzichtet hatten, suchten sie eine Konfration. Diese hohe Anzahl an PolizistInnen war jedoch ohne Zweifel totaler Verhältnisblödsinn, da sich zur Demonstration nur ungefähr 350 Leute versammelt hatten und absehbar war, dass es niemals drei- bis viertausend werden würden, wie im Vorfeld von der Demo-Organisation behauptet worden war."
• Natürlich sei es richtig, "dass unsere Polizei versucht massive Sachbeschädigungen zu verhindern, sei es bei Fussballspielen oder bei Demos", schreibt die Basler SP. Die Unverhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes sei aber "grotesk" gewesen - "eine schockierende Demonstration der Staatsmacht!" Noch vor kurzer Zeit habe sich Regierungsrat Jörg Schild "in ungewöhnlicher Weise" über die Verantwortlichen des Polizeieinsatzes der Zürcher Polizei anlässlich eines Fussballspieles geäussert. Er habe dem Zürcher Einsatzleiter vorgeworfen, unverhältismässig reagiert zu haben. "Der Einsatz der Basler Polizeikräfte am Samstag lässt nun aber jedes Augenmass vermissen. Die SP Basel-Stadt verurteilt dieses provokative und unverständliche Vorgehen der 'verstärkten' Basler Polizei. Es ist für uns selbstverständlich, dass es im Grossen Rat zu einem Nachspiel kommen muss."
• Die Grünen beider Basel sprechen von einer "völlig unverhältnismässigen" Polizeiaktion, die "eines demokratischen Staates nicht würdig und erst noch eine massive Verschleuderung von Steuergeld" sei. Die Grünen verwahren sich dagegen, "dass solche Methoden Einzug halten". Politische Interventionen seien in Vorbereitung.
• Die Basler FDP weist die aus linken Kreisen an die Adresse der Polizeikräfte und an Regierungsrat Jörg Schild gerichtete Kritik "vehement" zurück. "Nur dank dem grossen Polizeiaufgebot konnten Ausschreitungen und Sachbeschädigungen durch die teils angereisten Chaoten verhindert werden. Da trotz diesbezüglichem Aufruf kein Bewilligungsgesuch für die Anti-WEF-Kundgebung in Basels Innenstadt eingereicht worden war, musste die Polizei am Samstagnachmittag einen entsprechenden Demonstrationszug mit möglichen Gewalttätigkeiten im Keim ersticken." (aktualisiert am 31. Januar 2005)
Weiterführende Links:
- Polizei zur WEF-Demo: "Gewalt war vorgesehen"