Linke Mehrheit auch im Basler Bürgerrat
Basel, 6. September 2005
Erneute bürgerliche Wahlschlappe in Basel: Bei den Wahlen in den siebenköpfigen Bürgerrat - die Exekutive der Bürgergemeinde - verloren die bürgerlichen Parteien heute Dienstagnachmittag ihre klare Mehrheit an das Mitte-links-Lager.
Bei einer vollständigen Präsenz des 40-köpfigen Bürgergemeinderates als Wahlgremium wäre das perfekte Patt entstanden, da sowohl das bürgerliche Lager - FDP, LDP,
CVP und SVP - als auch das Mitte-links-Lager - SP, Grüne und DSP - über genau 20 Stimmen verfügten. Weil sich aber SVP-Vertreter Oskar Herzig entschuldigen liess, standen die Sieger mit einer entscheidenden Stimme Vorsprung bald fest. Die SP, bisher mit mit einem Sitz in der Exekutive vertreten, holte mit der Bisherigen Bernadette Herzog (Bild links) und den Neuen Raffaella Kristmann (2. von rechts) und Leonhard Burckhardt (2. von links) drei Sitze, die DSP mit Felix Eymann rechts) einen Sitz. Dank der taktischen Schulterschluss mit Links-grün konnte somit die DSP ihren Sitz des zurückgetretenen Felix Moppert halten.
Den Bürgerlichen blieben drei Sitze mit Sonja Kaiser (CVP, 3. von links), Lukas Faesch (4. von rechts, Liberale) und Felix Riedtmann (3. von rechts, FDP). Fäsch wurde auch zum Präsidenten der Exekutive gewählt. Abgewählt wurde der freisinnige Bürgerrat Christophe Haller, der nicht mehr zum zweiten Wahlgang antrat. Damit schwinden auch seine Chancen auf eine allfällige freisinnige Regierungsratskandidatur. Auch SVP-Kandidat Patrick Hafner blieb eine Stimme unter dem Absoluten Mehr von 20 Stimmen.
• In einer Stellungnahme freut sich die DSP über die Wahl von Felix Eymann. Und weiter: "Bei der erfolgten Wahl waren wir die sprichwörtliche Zunge an der Waage und verhalfen der SP durch gegenseitige Unterstützung zu ihren drei Mandaten. Die DSP freut sich über diese gute Zusammenarbeit und sieht sie als Basis für ein gemeinsames Wirken in der Sozialpolitik. Dessen ungeachtet werden wir unsere eigenen politischen Ziele der 'Mitte' weiter vertreten. Der Verlust der bürgerlichen Mehrheit im Rat ist nach Auffassung der DSP die logische Folge einer vom Bürger nicht tolerierten Annäherung nach Rechts, die weder personell noch inhaltlich überzeugen kann."
• Die Schweizerische Bürgerpartei (SBP) reagiert folgendermassen: "Die Basler Wähler müssen nun dafür zahlen, dass sie nur das Label SVP und nicht die Köpfe dahinter gewählt haben. Bei der Schweizerischen Bürger Partei wäre ihnen eine valable Alternative zur Verfügung gestanden, doch eine Koalition mit einer Listenverbindung bei den Bürgerratswahlen lehnten die bürgerlichen Parteien kategorisch ab. Gerade die SVP, die immer wieder betont, wie ernst sie den Wählerauftrag nimmt, glänzt mit einem ihrer Vertreter durch Abwesenheit. Herr Herzig macht lieber Ferien im Mittelmeer und kümmert sich einen Deut um die Mandate, wie er das den Basler BürgerInnen schuldig wäre und auch grossartig versprochen hat. Sein sogenannter Einsatz für die Herbstmesse, ist wohl auch zum eigenen Nutzen. Die Spitzen der bürgerlichen Parteien, die es an Einbildung und Inkompetenz durchaus mit den SVP-Vertretern aufnehmen können, müssten nun dringenst über die Bücher. Die Quittung haben sie schon mehrmals erhalten. Jedes Volk hat zwar die Parlamentarier, die es verdient. So lange die Wähler nur die Partei und nicht die Personen die dahinter stecken wählen, wird sich nicht viel ändern." (© Foto by Claude Vuille)
Aktualisierung: 7. September 2005
"Es war ein SVPler, der bei den Wahlen fehlte"
Lieber Herr Thüring, warum so böse auf die SP? Es war ja ein SVP-Abgeordneter, der bei den Wahlen fehlte und demzufolge ihre so genannte Volkspartei kein Sitz erringen konnte. Und was die Kandidatur von Christophe Haller (FDP) betrifft, wird man das Gefühl nicht los, dass parteiinterne Rechnungen beglichen wurden. Weil er sich als Regierungsratskandidat zu weit aus dem Fenster gelehnt hat? Ist das die neue bürgerliche Zusammenarbeit? Oder sieht so die neue Zukunft Basels aus? Eben! Suchen Sie die Ursache der für Sie wahrscheinlich sehr unbefriedigenden Wahlen doch in ihren Kreisen und nicht beim Gewinner. Ihre Ausführungen sind nicht mehr als eine billige Ausflucht.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Die SP kann den Rachen nicht voll bekommen"
Die SP wurde bei den Bürgerratswahlen entlarvt! Ihre Machtgelüste sind offenbar unersättlich und entsprechen nicht mehr dem Wählerwillen. Die DSP hat nach den Gesamterneuerungswahlen vom Juni 2005 mit noch drei Mitgliedern keinerlei Daseinsberechtigung im Bürgerrat. Dessen sollten sich auch die SP und das Grüne Bündnis bewusst sein. Doch ihre eigenen Hegemionalansprüche stehen offenbar über dem Volkswillen. Ein Zeichen der Überheblichkeit dieser Partei, welche schon seit Jahren den Rachen nicht voll bekommen kann. Die Diskussionen rund um eine Regierungsratskandidatur der SP für die Nachfolge Jörg Schilds bestätigen diesen Verdacht. Doch dabei macht die SP die Rechnung ohne den Wirt, also dem Volk und den bürgerlichen Parteien, welche diese machtpolitischen Ansprüche der Linken gemeinsam missbilligen und bekämpfen werden.
Joël A. Thüring, Bürgergemeinderat und Grossrat SVP, Basel
"Ein historischer Verlust"
Hervorragend, in der Tat! Nach der epochal deroutierten "Strategie" anlässlich der "ominösen" (FDP-Appellationsgerichtspräsident Dieter Moor) Ständeratswahl 2003 und nach der vom FDP-Präsidenten Urs Schweizer oktroyierten Kandidatur Bammatter anlässlich der Regierungsratswahl 2004 vermochte sich die "alte bürgerliche Garde" anlässlich der heutigen Bürgerratswahl, was nach menschlichem Ermessen eine absolute Unmöglichkeit darzustellen schien, glatt nochmals zu steigern und den Vogel nun vollends abzuschiessen: Bei, blocktechnisch betrachtet, gleicher Ausgangslage wie 1999 (50 Prozent der Bürgergemeinderatsstimmen) erringt "unsere Elite" - dank, notabene, einem erneuten "Deal" mit der Basler Filiale der Zürcher SVP - einen historischen Verlust von zwei Sitzen beziehungsweise von einem Drittel unseres bisherigen Exekutivanteils! Bedurfte Moors Appell zur Palastrevolution noch eines weiteres Motivs: Et bien voilà!
PS: Der einzige Trost ist, dass mit Felix Eymann ein Bürgerrat gewählt wurde, den nur wer völlig von Sinnen ist, einen "Linken" schimpft.
Patric C. Friedlin, Basel