Mehr Wohnraum und weniger Steuern für Reiche?
Harte Kritik der Basler Liberalen an der Basler Wohn- und Steuerpolitik. Die DSP kontert: Allen könne es nie recht gemacht werden.
Basel, 8. Juli 2008
Der Kanton, so die LDP in ihrer Reaktion auf die jüngste Bevölkerungsbefragung, tue "zu wenig für attraktiven Wohnraum sowie für konkurrenzfähige Steuern". Basel-Stadt verliere nach wie vor Einwohnende, deren Steuereinnahmen wichtig wären. "So erfreulich das Zuziehen von jüngeren Menschen ist, der Weggang von gut verdienenden Bewohnerinnen und Bewohnern muss gestoppt und der Zuzug von besser Verdienenden muss gefördert werden."
So müsste nach Auffassung der Liberalen das Kinderspital-Areal am Rhein so gestaltet werden, dass dort Zuziehende mit hohen Einkommen und Vermögen ihren Ansprüchen entsprechenden Wohnraum oder Wohneigentum finden können. Ein Masterplan für Basel, Riehen und Bettingen sollte aufzeigen, wo neue attraktive Wohnungen entstehen könnten.
Ungünstig sei für die Reicheren und Reichen die Steuersituation. Letztes Jahr seien vor allem die unteren Einkommenskategorien zum teil sehr stark entlastet worden. Es sei aber "verpasst worden, auch die höheren Einkommen tiefer zu besteuern", was zu Abwanderungen führte und "mit Sicherheit Zuzüge verhindert". Dringend erforderlich sind aus liberaler Optik die Senkung der Einkommenssteuern für höhere Einkommen, die Revision der Vermögenssteuer auch für Bewohnende mit sehr grossem Vermögen und die weitere Senkung der Unternehmenssteuer.
Ganz anders die Meinung der DSP. Im Gegensatz zum Regierungsrat ist sie nicht überzeugt, dass mit der Erschliessung neuer Baugebiete oder einer Aufhebung der Familiengärten das Wohnungsangebot im Kanton entscheidend verbessert werden kann. "Bei der Realisierung entsprechender Projekte besteht vielmehr die Gefahr, dass die vorhandene Wohn- und Lebensqualität in der Stadt verschlechtet wird, was im Ergebnis dazu führt, dass noch mehr Steuerzahler den Kanton verlassen".
Letztlich werde es nie möglich sein, dass sämtliche Personen, welche im Ausbildungsund Forschungsstandort Basel arbeiten oder eine Ausbildung absolvieren, auch hier wohnen. Die DSP fordert deshalb die Regierung erneut auf, mit den umliegenden Gemeinden und der Baselbieter Regierung die Gespräche für eine bessere Zusammenarbeit zu intensivieren. Dabei müsse auch ein gemeinsamer "Kanton Basel" oder der "Kanton Nordwestschweiz" ein ernsthaftes Thema sein.
"Krampfhaftes Bemühen um mehr Sozialfälle"
Der Titel "…für Reiche!" ist doch tendenziös! Soll da etwa Neid geweckt werden? Tatsache jedenfalls ist, dass Basel Steuern anbietet, das für tiefe Einkommen sehr vorteilhaft und bereits für mittlere (!), geschweige denn für höhere, ausgesprochen unvorteilhaft ist.
Drei Mal darf jeder raten, wer gerne nach Basel wohnen kommt und wer lieber die paar Meter über die nächste Grenze zügelt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es ist der Mittelstand, der Basel zunehmend verlässt; nicht "die Reichen". Die hohen Steuern sind auch nur ein Grund dafür. Die Administrierung und der Formalismus von Behörden und Justiz, die Kleinkariertheit der Gesetzgebung – das sind auch nach wie vor ungelöste Probleme, von denen die flüchten, welche es können.
Ich weiss, wovon ich schreibe: Seit einiger Zeit versuche ich, Menschen – sie gehören zu "den Armen" – im Umgang mit Vermietern und Behörden beizustehen. Dabei erhalte ich zunehmend den Eindruck, dass "Basel" sich krampfhaft um zusätzliche Sozialfälle bemüht; nicht nur mit ihrer Steuerpolitik.
Wer zum Beispiel erst nachträglich bemerkt, dass er ein Anrecht auf die Prämienverbilligung der Krankenkasse gehabt hätte, weil er – zum Beispiel als Selbständiger oder kleiner Startup-Unternehmer – mangels prophetischer Fähigkeiten sein Einkommen nicht voraussehen konnte, hat keine Chance, das ihm eigentlich zustehende Geld zu erhalten. "Basel" verzichtet dann auf den Bundesbeitrag, bietet den Krankenkassen aber grosszügig an, die ausstehenden Prämien zu übernehmen, wenn "der Arme" erst einmal erfolglos betrieben worden ist. So zahlt "Basel" dann aus eigener Kasse, was zuvor der Bund mitfinanziert hätte; aber erst, wenn "der Arme" zuvor betrieben und gejagt worden ist, bis er sich dann womöglich in die Arme der Sozialbehörde fallen lassen darf.
Das ist nur ein Beispiel – es gibt weit mehr davon. Wenn eine Regierungs- und Parlamentsmehrheit eben unter "sozial" nur gerade Umschichtung von Geldern versteht und das Leben seiner Einwohner dem "Geldverteilen", amtlicher Administration sowie einer Regelungswut unterordnet, kann es gar nicht besser werden!
Peter Waldner, Basel