Gedanken zum Erfolg eines Kleinbetriebs
Die zwei Männer im Zug mir gegenüber unterhielten sich über die Organisation ihrer Arbeit und was sie zu deren Optimierung beitragen konnten. Ihre berufliche Arbeit schien ihnen viel zu bedeuten, auch wenn sie, nach der Kleidung zu schliessen, kaum zum höheren Kader gehörten und keine Gelegenheit hatten, ihr Büro für 1,2 Millionen Dollar ausstatten zu lassen, wie kürzlich John Thain, der frühere Chef der verlustreichen Bank Merrill Lynch.
Wie die beiden Männer im Zug denken wahrscheinlich viele andere Menschen. Sie nehmen ihre Arbeit ernst, sie gibt ihnen im Leben Sinn. Doch nicht immer wird ihre Einstellung gebührend honoriert.
In den gegenwärtigen Zeiten der Krise werden Tausende entlassen, um, wie es heisst, das einzelne Unternehmen zu retten, was von Fall zu Fall stimmen mag, aber für die Wirtschaftslage im Allgemeinen negativ ist. Nicht zu reden vom Fachwissen, das auf diese Weise vernichtet wird. Das kann die Wirtschaft sich doch nicht leisten, sollte man denken. Die Frage stellt sich ernsthaft, ob die Krise sich nicht verschärft, wenn der Versuch unternommen wird, sie auf diese Weise zu lösen.
Kürzlich wurde bekannt, hat die Deutsche Bahn 173'000 Mitarbeitende überwachen lassen. Das ist ein Misstrauen, das nur in in Einzelfällen berechtigt sein dürfte. Bei Lidl ist das Gleiche geschehen. Wer aber überwacht das Management? Andere Beispiele, wie das Personal behandelt wird, lassen sich beliebig aufzählen, etwa bei den Löhnen, bei denen gespart werden muss, während die Kader-Aristokratie sich grosszügig belohnt. Einiges dürfte sich daran allerdings in jüngster Vergangenheit geändert haben. Neuerdings wird viel von Bescheidenheit gesprochen. Es hat etwas lange gedauert.
Unternehmenskultur kann aber auch etwas Anderes heissen und zu anderen Ergebnissen führen. In einer Biotech-Firma in einer Basler Vorortsgemeinde sind alle Mitarbeitenden für ihren Arbeitsbereich zuständig, geniessen ein hohes Mass an Selbständigkeit, tragen aber auch die Verantwortung dafür. Die vormittägliche Kaffeepause wird zusammen verbracht. Das gibt Gelegenheit zu übergreifenden fachlichen Gesprächen und verbessert die kollegialen Beziehungen. Es herrscht eine ungezwungene Atmosphäre. "Das Arbeitsverhältnis ist ausgezeichnet", erklärt der Production Manager.
Das gute Betriebsklima scheint sich positiv auf den Geschäftsverlauf auszuwirken. Der Umsatz konnte in den letzten vier Jahren um 50 Prozent gesteigert werden. In der gleichen Zeit ist die Zahl des Personals von 60 auf 90 gestiegen. Das sind Zahlen, die sich sehen lassen. Soeben wurde in China eine Filiale eröffnet.
Vielleicht hat dabei der Vorteil mitgespielt, dass die Biotech-Industrie weniger konjunkturabhängig ist als andere Branchen. Vielleicht kommt der Firma auch zugut, dass der Patron auch der Firmengründer ist und kein Manager und Söldner im Dienst der Shareholder. Doch das ist dann auch wieder nur ein Zeichen dafür, dass die grossen Unternehmen, die immer noch grösser werden sollen, zuletzt schlechtere Voraussetzungen mitbringen.
In den kleineren Betrieben erweisen sich dagegen Überschaubarkeit, interne Organisation und soziale Personalpolitik als vorteilhafte Produktionsfaktoren.
2. Februar 2009
