© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
Osttangente: Verbände wollen Entscheid noch dieses Jahr
Die Zukunft der Basler Osttangente: Fünf Wirtschafts- und Verkehrsverbände setzen Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels unter Druck: Noch dieses Jahr soll die Regierung verbindlich entscheiden, welche Variante gebaut werden soll.
Basel, 19. Mai 2014
Es war kein alltägliches Bild heute Montagmorgen in einer oberen Etage des St. Jakobsturms: Vertreter von ACS, TCS und Handelskammer beider Basel, der Basler Gewerbeverband und die Wirtschaftskammer Baselland zogen nicht nur symbolisch, sondern auch inhaltlich an einem Strick. Ihre gemeinsame Forderung: Mit der Planung zur Entlastung der chronisch verstopften Osttangente der A2 müsse jetzt nach Jahren des Lavierens zwischen Basel-Stadt und Bund entschlossen vorwärts gemacht werden.
Massive Vorwürfe an Wessels
Schon vergangenen September hatte Wirtschaftskammer-Direktor und FDP-Landrat Christoph Buser bei der Vorstellung eines radikal neuen Ringstrassenkonzepts gefordert, die Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro (FDP) müsse mit ihrem städtischen Kollegen Hans-Peter Wessels (SP) "Tacheles reden".
Heute ging er mit seinem Angriff auf den Basler Regierungsrat noch einen Schritt weiter: Wenn Wessels so "autistisch unterwegs ist, dann verkennt er das Problem, und zwar ganz massiv", sagte Buser. Der "Ernst der Lage" sei beim Basler Verkehrsdirektor "noch nicht angekommen". Wessels glaube, die Forderung nach einer Kapazitätserweiterung im Bereich Osttangente sei der "Wunsch von ein paar Autosexuellen". Dabei drohe der Region ohne Ausbau dieses städtischen Nord-Süd-Teilstückes "der völlige Verkehrskollaps auf der Achse zwischen den Verzweigungen Wiese und Augst".
Schon der heutige Zustand sei unerträglich, die Wirtschaft verliere durch die Staus "bares Geld". Ohne den zügigen Ausbau der Hochleistungsstrassen werde die Umsetzung der Baselibeter Wirtschaftsoffensive gefährdet. Der Ausbau der Osttangente sei "nur der erste Schritt" hin zu einem Autobahnring um die Stadt Basel.
Unklarheit über Planungsstand
An der Medienkonferenz herrschte weder über den Planungsstand noch über die aktuell gültigen Varianten noch über die Frage, wer jetzt am Zug sei, genaue Klarheit. Offenbar sind sowohl Wessels wie Bundesrätin Doris Leuthard der Auffassung, es liege am jeweils anderen Partner, Klarheit zu schaffen. Tatsache ist, dass sich d
ie Bevölkerung in einer von über 10'000 Personen unterschriebenen Petition für einen zusätzlichen Tunnel ausgesprochen hat.
Der verstorbene Basler Gewerbedirektor Peter Malama war es, der die Tunnellösung an vorderster Stelle forderte. Heute gilt ein anderer Tenor. Die fünf Verbände, als Repräsentant dabei auch Malama-Nachfolger Gabriel Barell, favorisieren jetzt eine rasche oberirdische Lösung, die zum Schutz der Anrainer vor Staub- und Abgasimmissionen eine "Einhausung" (Bild links: Zürich-Schwammendingen) der um je eine Spur erweiterten Fahnbahnen vorsieht. Die sogenannte Bypass-Lösung, die "offenbar" das Bau- und Verkehrsdepartement als Gegenvorschlag zur oberirdischen Lösung des Bundesamts für Strassen (Astra) fordere, sei, so Barell, "schlicht und einfach nicht brauchbar". Es müssten nun zügig "breitfächrig" Varianten geprüft werden, die rasch beschlossen werden können, funktionell sind und dem Anspruch an die Stadtverträglichkeit genügen.
Eine Milliarde steht auf dem Spiel
Eile sei deshalb geboten, weil das Bundesamt für Strassen eine knappe Milliarde Franken für die oberirdisch angedachte "Strukturerweiterung Osttangente" reserviert habe. Das Programm zur Engpassbeseitigung im Nationalstrassennetz werde noch dieses Jahr dem Bundesparlament vorgelegt, sagte Martin Dätwyler, der stellvertretende Handelskammer-Direktor. Wenn sichdie Regierung bis dann nicht für eine Variante entscheiden könne, "droht das Projekt Osttangente vom Modul 2 ins Modul 3 zurückgestuft zu werden", das "noch nicht finanziert" sei. Um diese Rückstufung zu verhindern, müsse die Regierung ein "klares Signal" nach Bern senden, sonst gehe die Milliarde "flöten" (Barrel). Dätwyler kritiserte auch den schlechten Informationsfluss "seitens der Behörden".
ACS-Geschäftsführer Christian Greif sprach gar von einer "Zeitbombe". Wessels Planung habe in den vergangenen sechs Jahren zehn Millionen Franken verschlungen – und noch sei keine Lösung in Sicht, wie die "wirtschaftliche und verkehrliche Hauptschlagader" der Region leistungsfähiger gemacht werden könnte. TCS-Geschäftsführer Lukas Ott warnte, die Verkehrsprobleme nähmen bis 2030 aufgrund des Bevölkerungswachstums markant zu. Er forderte zudem, dass der Abschnitt zwischen der Verzweigung Hagnau und dem Anschluss Liestal, in dem es während den Stosszeiten zu massiven Staus kommt, "in die Planung miteinbezogen" werde.
Bild von rechts: Christian Greif, Christoph Buser, Gabriel Barell, Martin Dätwyler und Lukas Ott
Weiterführende Links:
- Milliarden-Projekt: Buser und Hiltmann fordern radikal neue Verkehrspolitik