© Foto by OnlineReports.ch
TV-Kunden Achtung: Schalttag wird zum Schalt-Tag
Der 29. Februar wird für viele Kabelfernseh-Kunden zum Schalt-Tag: Weil die Kabelnetze mindestens sechs neue HD-Sender aufschalten und dafür analoge Sender abschalten, müssen die Stationen am Fernsehgerät neu programmiert werden.
Basel, 23. Januar 2012
Wenn die schöne neue Fernsehwelt nicht nur immer grössere, sondern auch immer schärfere Bilder in die helvetischen Stuben sendet, ist dies eine Folge der technischen Umstellung: von analoger zu digitaler Sendetechnik. Auch in der Region Basel können sich die Kabelnetz-Betreiber dieser Entwicklung nicht verschliessen.
Gemeinsame regionale Umschaltung
Der Schalttag 29. Februar wird deshalb zum Schalt-Tag der Fernsehkonsumenten werden. Dann startet das Schweizer Fernsehen mit der Verbreitung von sechs Programmen in hoher Auflösung ("HD-Qualität"): SF1 und 2, TSR1 und 2 sowie RSI1 und 2. Weitere Angebote in- und ausländischer HD-Programme werden im Verlaufe des Jahres folgen. Alle neun Kabelnetzbetreiber der Region Basel* sollen die sechs neuen HD-Kanäle des Schweizer Fernsehens gleichzeitig aufschalten. Voraussetzung zum TV-Konsum in HD-Qualität ist ein digitales Fernsehabonnement und ein Fernsehgerät des Standards "HD ready" oder "Full HD".
Die Cablecom als mit über zwei Millionen bedienten Haushalten grösste Anbieterin der Schweiz nutzt die Gelegenheit, in ihrem Verbreitungsgebiet in der Region Basel gleichzeitig sieben weitere HD-Programme aufzuschalten: ORF1 und 2 HD, History HD, TNT Film HD, TNT Serie HD, Syfy HD sowie Sport1+ HD. Empfangen werden können die insgesamt 13 HD-Sender in Basel, Allschwil, Schönenbuch, Riehen, Bettingen Bättwil, Witterwil, Hofstetten-Flüh sowie Metzerlen-Mariastein.
Analoge Programme werden "digitalisiert"
Für die Konsumenten ändert sich aber einiges: Für die neuen HD-Sender muss sozusagen Band-Kapazität freigeschaufelt werden. Das heisst: 13 Sender – jene mit den tiefsten Zuschauerzahlen – werden nicht mehr analog ausgestrahlt, sondern nur noch im digitalen Grundangebot: WDR, MDR, NDR, Sport1, n-tv, TF1, M6, France3, Rai2, TVE int., RTPint., TRT Türk und BBC Wold News.
Cablecom und die Stiftung Kabelnetz Basel verbreiten auch in Zukunft immer noch 43 Sender in analoger Technik (im Rest der Deutschschweiz sind es durchschnittlich noch 37 Sender). Dies erklärten heute Montagmorgen an einer Medienkonferenz Stephan Fricker (Bild, Mitte), Ausschuss-Präsident der Stiftung Kabelnetz Basel, Dominik Prétôt (Bild rechts), Geschäftsführer dieser Stiftung, und Bernd Kleinsteuber von UPC Cablecom (Bild links). Den Kunden wird auf alle Fälle empfohlen, nach dem 29. Februar an ihrem Geräte einen Sendersuchlauf durchzuführen.
Promotion mit Spezialangeboten
Die Stiftung und Cablecom wollen ihren Analog-Kunden den Umstieg auf die digitale Technologie erleichtern, indem sie ihnen eine besondere Promotions-Aktion anbieten. So ist das digitale Grundangebot mit 57 digitalen Sendern (11 in HD-Qualität) mit DigiCard kostenlos, mit Receiver (Set-Top-Box) in den ersten zwei Jahren kostenlos, danach vier Franken monatlich. Von Anfang an reduziert kostenpflichtig ist das digitale Angebot "Classic", das den Empfang von 120 digitalen Sendern (13 in HD-Qualität) erlaubt. Auf dem in der Region Basel betriebenen Kabelnetz beträgt die Tarif monatlich netto 23 Franken sowie eine Gebühr von 1.65 Franken pro Haushalt zur Mitfinanzierung von TeleBasel.
Die Spezialangebote für die Kunden in der Region Basel gelten vom 1. Februar bis 30. April. Zum Angebot gehört auch, dass die Aktivierungsgebühr von 49 Franken entfällt. Ob auch die übrigen Kabelnetz-Anbieter der Region die Umstellung mit vergleichbaren Promotions-Aktionen ankurbeln, liess Kleinsteuber offen, sagte aber, es gebe zumindest "Bestrebungen" in diese Richtung.
Fricker auf Kritik gefasst
Offen ist auch noch die Frage, wann sich TeleBasel in HD-Qualität präsentiert. Laut Geschäftsführer Prétôt soll es in zwei bis drei Jahren so weit sein. Bei der Geräte-Beschaffung werde HD-Tauglichkeit schon heute als Voraussetzung angewendet.
Auf die Frage, ob er aus Kreisen von Analog-TV-Kunden Kritik erwarte, sagte Stiftungs-CEO Fricker, der "Druck zum Rebellieren" sei "sehr viel geringer", weil 13 Analog-Programme nicht einfach abgeschaltet, sondern in das digitale Angebot verschoben werden. Fricker aber realistisch: "Wir werden uns ein Stück weit überraschen lassen müssen."
* UPC Cablecom mit der Stiftung Kabelnetz Basel, EBL Telecom AG, EBM Telecom AG, Bettingen, Riehen und Muttenz, GGA Pratteln, InterGGA AG und die R. Geissmann AG

"Müssen wir uns das eigentlich gefallen lassen?"
Diese Umstellung wirft für mich Fragen auf. Allen voran jene, ob ich nach dem "Schalt-Tag" SF auch noch schauen kann, wenn ich einen alten Röhrenfernseher habe?
Selbst wenn das gewährleistet ist, bleiben noch Fragen offen: Soll hier einer Technik zum Durchbruch verholfen werden, die bisher nicht auf die erwartete Akzeptanz stösst? Schliesslich schauen 60 Prozent der Haushalte noch analog fern. Um diese renitente Kundschaft zu ihrem Glück zu zwingen, reicht es offenbar nicht, wenn auf dem Markt nur noch HDTV-Geräte angeboten werden. Damit auch der letzte Röhrenglotzer merkt, dass er buchstäblich in die Röhre guckt, wenn er den Hype nicht mitmacht, werden als letztes Mittel die Sender des gebührenpflichtigen Staatsfernsehens aus dem Analog- ins HD- (digital ist ja nicht genug, es muss gleich das Beste vom Besten sein!) Programm verschoben.
Zahlt mir das Schweizer Fernsehen oder die Cablecom (Stiftung Kabelnetz) einen neuen Fernseher, damit ich überhaupt in den (zweifelhaften) Genuss dieser neuen Angebote komme? Wohl kaum. Und den Elektroschrott, den sie durch die vielen ausrangierten, aber voll funktionsfähigen Fernseher generieren, entsorgen sie auch nicht. Von der grauen Energie, die jedes neue Fernsehgerät frisst, noch ehe es in Betrieb genommen wird, reden wir besser gar nicht.
Müssen wir uns das eigentlich gefallen lassen? Wo kann man sich wehren gegen diesen Zwang zum vermeintlichen Glück?
Gaby Burgermeister, Basel
|