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Die "Basler Zeitung" verkauft ihre Kunstsammlung
Kunst wird von Unternehmen gekauft, um ihr Image aufzupolieren. Diese privaten Sammlungen können sich oft sehen lassen. Warum die "Basler Zeitung" ihre Kollektion jetzt veräussert, ist eine offene Frage – oder vielleicht keine.
Basel, 29. November 2012
Anfang Oktober erschien ein Vermittler beim Galeristen Arnaldo Carzaniga am Heuberg in Basel und liess ihn wissen, dass die "Basler Zeitung" interessiert sei, ihre Kunstsammlung zu verkaufen. Wie viele Unternehmen hatte auch sie im Verlauf der Zeit zur Pflege ihres Images Kunst gesammelt. Die zuvor schon vorhandenen Bestände wurden vom früheren Verlagsleiter und Kunstliebhaber Fritz Latscha laufend ergänzt und erweitert.
Den Schwerpunkt der Kollektion hatte Latscha mit spürbarer Sensiblität (und Eigenwilligkeit) auf Werke Basler und regionaler Künstler gelegt (das Zeitungsunternehmen hatte sogar auch einmal einen Kunstpreis vergeben), wie auch der "Sonntag" berichtete. Gesamthaft kann man von einem Überblick über das Kunstschaffen in Basel sprechen. Vertreten sind Künstler wie Samuel Buri, Miriam Cahn, Christoph Gloor, der auch als Zeichner für die "Basler Zeitung" gearbeitet hat, Jürg Häussler, Charles Hindenlang, Lenz Klotz, Werner von Mutzenbecher, Marcel Schaffner oder Bernd Völkle, der, im nahen Badischen zu Hause, zum engeren Kreis gezählt werden darf.
Ein Stück Firmengeschichte geht unter
Drei Werke verdienen, besonders hervorgehoben zu werden. Um 1931 hatte Niklaus Stoecklin die Fassade des Unternehmens der "Basler Nachrichten", damals an der Gerbergasse gelegen, gemalt; 1942 folgte eine Wiedergabe der Hausfront der "National-Zeitung" (Bild oben), die sich zu jener Zeit am Marktplatz befand, dort, wo heute nach einem Umbau ein Modegeschäft steht. Im pittoresken Stil von Stoecklin ist in beiden Werken nicht nur ein Stück Firmengeschichte, sondern auch Basler Geschichte festgehalten. Alles ist genau abgebildet. Man muss genau hinschauen. Zum Beispiel lesen Passanten die Zeitung im Aushang in der Fensterfront der "National-Zeitung", wie es damals üblich war. 1983 hatte Andreas His den alten Sitz am Aeschenplatz gemalt, der abgerissen wurde, um dem Neubau der UBS Platz zu machen. Auch ein pièce de mémoire. An diesem Ort war damals die National-Zeitung untergebracht sowie seit 1977, nach Fusion der Zeitung mit den "Basler Nachrichten", die daraus hervorgegangene "Basler Zeitung". Vorbei die Zeiten. Aber vorbei auch die Sammlung als Dokument und Gedächtnis des Zeitungsunternehmens. Aus welchem Grund die Veräusserung erfolgt ist, muss den Kaffeesatzlesern überlassen bleiben.
Zwei Stoecklin-Sammler sagen sofort zu Arnaldo Carzaniga bot die beiden Werke zuerst dem Kunstmuseum an. Von dort kam aber der Bescheid: Keine ausreichenden finanziellen Mittel. Carzaniga wandte sch daraufhin an zwei in der Region wohnenden Stoecklin-Sammlern, diesmal mit Erfolg. Beide sagten auf der Stelle zu, jeder von beiden erwarb ein Gemälde. Wenn man die Preise auf dem Markt für Werke von Stoecklin zugrunde legt, müssen für jedes einzelne über 100‘000 Franken bezahlt worden sein. Auch das His-Werk hat einen Platz bei einem Basler Sammler gefunden.
Die Werke aus dem BaZ-Bestand haben bisher einen Erlös von knapp 500'000 Franken ergeben. Die noch angebotenen Werkteile dürften auf Grund der Marktlage 300'000 bis 400'000 Franken einbringen, vorausgesetzt natürlich, dass sie einen Käufer finden. Einen Teil behält die Galerie Carzaniga für ihre Vermittlung, der Rest geht an die "Basler Zeitung".
Kein passender Ausgang
Auch für die Bronzestatue "dr glai Nazi/Vater und Sohn" von Alexander Zschokke, die bis zu ihrer Entfernung und dem Abbruch des alten Hauptgebäudes der NZ und später der BaZ am Aeschenplatz stand, hat sich ein Abnehmer gefunden. Sie soll in dessen Garten zu stehen kommen.
Die Skulptur war zuletzt im neuen inneren Eingangsbereich der "Basler Zeitung" am Firmensitz an der Hochbergerstrasse aufgestellt. Aber es ergab sich ein Problem. Das Werk konnte nicht abtransportiert werden, weil sich kein passender Ausgang finden liess. Es scheint, dass es während der Bauarbeiten des neuen Firmensitzes an der Hochbergerstrasse seinen Platz gefunden hat und im weiteren Verlauf rundherum eingemauert wurde. Jetzt müsste zur Dislokation zuerst ein Mauerstück herausgebrochen werden.

"Was bin ich froh"
Was bin ich als ehemalige Nazizytigsmitarbeiterin froh, dass niggi stoecklins helgen, von dem ich einst als Weihnachtsgabe (?) oder so einen Druck geschenkt bekam, kein Interesse findet beim Sammler von Albert Anker in der Villa in Herrliberg, sondern in der Region bleibt. Wie dem auch sei, eine Kunstsammlung passt heutzutage wohl nicht mehr zum Fokussieren aufs Hauptgeschäft, und die Imagepflege durch Kunst sammeln gehört wohl in die Hände Privater, die sich nicht nur Kunst leisten können, sondern sich auch leisten, ihre Unternehmungen auf schlanken Kurs zu trimmen. Mal sehen, wohin.
Eva Caflisch, Zürich
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