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Hansjörg Reinau-Krayers Gedicht zum Jahreswechsel
Binningen, 31. Dezember 2024
Hansjörg Reinau-Krayer wohnt in Binningen und war bis zu seiner Pensionierung am Basler Gymnasium Leonhard als Lehrer für alte Sprachen und Geschichte tätig.
Prosit Neujahr 2025
In Springfield ist bei Alt und Jung
jüngst eingekehrt Erleichterung:
Es droht mit Donalds Wiederkehr
durch Immigranten kein Verzehr
von Katzen mehr und auch von Hunden,
die, wie es scheint, besonders munden.
Wenn das kein Grund ist, sich zu freuen!
Im Ernst: Was darf vom alten Neuen
man nun erwarten? Wird das Life
verbessern Project Twenty-Five?
Ist andrerseits nicht eher Gaga,
was uns verheisst mit seinem MAGA
der blonde Clown? Was wird gescheh'n,
wenn seine Jungs zur Sache geh'n?
Unruhig wälzt man sich im Bett,
träumt man vom Gruselkabinett.
Statt der erwünschten Kompetenz
gibt's lediglich Oboedienz,
man unterwirft sich, quel malheur,
ohne zu murren, dem Dompteur.
Diktator nur für einen Tag?
Es stellt sich Frage über Frag'.
Nimmt man zum Nennwert seine Phrasen,
wird eher man jetzt Trübsal blasen
als Optimismus walten lassen,
auch wenn sie manchem durchaus passen:
Der Schampus knallt in Budapest,
gefeiert wird ein Freudenfest
in Tel Aviv, und auch in Bern
hört mancher solche Worte gern.
Und selbst im kleinen Baselbiet
gibt's einen, der sein Hütchen zieht
vor Don: Der Riebli ist entzückt,
für ihn ist Donald nicht verrückt.
Sein Wunsch wär', dass noch mancher wär'
genau wie er: autoritär.
Wird's also überall jetzt schlimmer?
Gibt's wirklich keinen Hoffnungsschimmer?
Lässt, was uns blüht und uns'ren Kindern,
sich, schrecklich wär' es, nicht verhindern?
Lasst doch den eitlen alten Wolf
in Mar-a-Lago spielen Golf
den ganzen Tag von früh bis spät.
Wenn er dies Eine nur noch tät',
hätt' keine Zeit er zum Regieren,
und alle würden profitieren.
Doch halt, mir fällt noch Bess'res ein,
das könnt', fürwahr, die Lösung sein:
Freund Elon plant als nächsten Schritt,
den Flug zum Mars: Nimm Don doch mit;
lasst's Euch dort oben wohl ergehen,
reist gut, auf Nimmerwiedersehen!
Auch anderswo, so der Befund,
läuft's alles andere als rund.
Zwar schweigt seit Kurzem die Kanon'
im leidgeprüften Libanon,
und, lang hat man davon geträumt,
Baschar hat den Palast geräumt
(dabei ist's einfach schade nur,
dass er nicht gleich zur Hölle fuhr),
doch wird der Krieg im Nahen Osten
wohl weit're Menschenleben kosten,
und unentwegt feuert der Russ'
auf seinen Nachbarn Schuss um Schuss.
Es sei in vierundzwanzig Stunden
der unheilvolle Krieg verschwunden,
so hört man aus beruf'nem Munde.
Ist das nicht eine frohe Kunde?
Ist endlich Schluss jetzt mit dem Suchen
nach Frieden, Freude, Eierkuchen?
Das wär' doch wahrlich wunderbar;
doch leider ist heut' sonnenklar,
auf wessen Kosten zu erreichen
allein das wär': Es müsste weichen
und dazu machen gute Miene
die angegriff'ne Ukraine.
Soll Aggressoren man belohnen
auch noch für schändliche Aktionen?
Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht,
auch sonst läuft's eher schlecht als recht;
im Umgang mit der Migration
hat sich verschärft der Umgangston,
und von der Lage profitiert,
wer an der Zündschnur längst hantiert:
Die Weidels und die Wagenknechts,
die einen links, die andern rechts.
Erlöscht, nach längerem Gestrampel,
ist in Teutonien nun die Ampel.
Es gab nicht erst in jüngster Zeit
statt Einigkeit fast nur noch Streit.
Mal trat der Lindner nach dem Bein
von Habeck, mal warf der 'nen Stein
nach Lindner, und anstatt zu führen
sah man den Kanzler kaum sich rühren
zu lange. Über den K.o.
ist sicherlich ein mancher froh.
Dass dieser war schon längst geplant,
hat man, zu Unrecht nicht, geahnt.
Es könnten bald die Liberalen
für ihren D-Day schwer bezahlen:
Vielleicht wird bald schon offenbar,
dass dieser Tag ihr Black Day war.
Jetzt fragt sich, ob nach diesem Aus
stabiler wird das deutsche Haus,
wenn Merz, falls seine Rechnung stimmt,
demnächst das Ruder übernimmt,
und ob der kranke Mann am Rhein
rasch wieder ganz gesund wird sein.
Nicht besser geht es den Franzosen:
So manches ging jüngst in die Hosen.
Der Sonnenkönig fand, mit Wahlen
liessen beenden sich die Qualen.
Zwar ist Marine vorerst gestoppt,
doch auch der König hat gefloppt:
Stabilität, die hätt' dem Lande
so gut getan, kam nicht zustande.
Es fragt sich, ob nicht dieser Schuss
nach hinten eher ging zum Schluss.
Trotz neuem Glanz von Notre-Dame
ist klar: Emmanuel ist lahm.
Es sah'n die Angeln und die Sachsen
die Bäum' schon in den Himmel wachsen,
nachdem man hatte brexitiert,
doch leider hat's nicht funktioniert.
Im Lande Ihrer Majestät
herrscht seither Instabilität.
Lang liess es in der Nummer Zehn
der Downing Street sich wohl ergeh'n
der Kater Larry, nichts zog fort
ihn vom so sehr vertrauten Ort.
Nicht nur, weil im und rund um's Haus
stets fand sich eine fette Maus,
auch, weil die Mieter in der Regel,
allein oder mit Kind und Kegel,
dort meistens residierten länger,
und so die Bande immer enger
sich knüpften zwischen Mensch und Tier,
für beide Seiten ein Pläsier.
Doch musste in den letzten Jahren
der alte Kater nun erfahren,
dass immer stärker fluktuierte
die Mieterschaft, was ihn frustrierte.
Weil's ihm der Unruh' war zu viel,
cherchierte er ein Domizil,
in dem der Roommate länger bleibt,
weil man ihn nicht so schnell vertreibt.
Sein Inserat im "Daily Mail"
erwies sich denn auch nicht als Fail:
Schon bald erreichte ihn ein Brief,
beim ersten Blick recht attraktiv.
Von Putin kam ein Angebot,
das retten würd' ihn aus der Not:
Im Kreml droht auf lange Sicht
ein Mieterwechsel eher nicht.
Doch soll er wirklich dorthin geh'n?
Man kann sein Zögern gut versteh'n.
In Brüssel kaut man an den Fingern:
Europa, lange schon am Schlingern,
versucht in ruhige Gewässer
zu flüchten sich: Wann wird es besser?
Es gäb' dafür schon einen Trick:
Man ziehe an demselben Strick.
Schafft es die Ursi von der Leyen,
demnächst zu schliessen ihre Reihen?
Falls das gelänge, träten, hei,
wir Eidgenossen auch noch bei
vielleicht der EU; im Moment,
kommt's aber, so wie man uns kennt,
wohl kaum dazu, denn wir verlören,
und das würd' uns gewaltig stören,
so hört man's hier von früh bis spät,
dann uns're Souveränität
und müssten uns, was wir so hassen,
von fremden Richtern richten lassen.
Ok, es wär' zwar unser Traum,
doch ohne EU geht's wohl kaum.
Warum nicht gegen wenig Bares
am EU-Binnenmarkt als Pares
partizipieren? Wär' zu machen,
doch leicht, so meinen wir, und lachen
still vor uns hin: Wir sind geschickt
darin, wie man Rosinen pickt.
Gleich halten wir es mit der Nato,
so ist es wenigstens bis dato:
Wir wär'n, damit auch uns sie schützt
(wir wissen bestens, was uns nützt,
und würden, wenn auch unter Qualen,
dafür auch einen Beitrag zahlen),
ein kleines bisschen gern dabei,
doch ganz? Dann wär'n wir nicht mehr frei.
Ob das Europa auch so sieht?
Und ob das dann auch so geschieht?
Land unter hier, Land unter dort:
Die Fluten reissen alles fort;
was für die einen ist ein Segen,
ist Fluch für andere: der Regen,
zumal, wenn er in diesen Massen
auf Wälder, Felder trifft und Strassen.
Wenn Autos, statt zu fahren, schwimmen,
kann irgendetwas nicht mehr stimmen.
Ob es vielleicht doch etwas nützt,
wenn man das Klima besser schützt?
Obwohl bald leer sein könnt' der Akku,
hört wenig Gutes man aus Baku.
Es scheint die Welt aus mancher Sicht
geraten aus dem Gleichgewicht.
Wohin sie treiben wird, ist offen;
noch immer aber darf man hoffen.
Wir bleiben unverzagt und heiter
und machen unverdrossen weiter.
Noch steht, auch wenn ihr droht Gefahr,
die Welt zum Glück: Prosit Neujahr!
Weiterführende Links:
- Hansjörg Reinau-Krayer: Das Gedicht zum 1. August
- Hansjörg Reinau-Krayer: Das Ostergedicht
- Hansjörg Reinau-Krayer: Prosit Neujahr 2024
- 1. August 2023: Hansjörg Reinau-Krayers Wilhelm Tell
- Ostern 2023: Hansjörg Reinau-Krayers Polit-Poesie