© Fotos by Ingo Höhn
Tod und Leben: Inmitten eines Reigens trauernder Menschen.

"Requiem" am Theater Basel: Wenn Lebenslust in Todessehnsucht kippt

Mozarts Totenmesse wird zur Oper aufgerüstet: Die Produktion von Romeo Castellucci irritiert und begeistert zugleich.


Von Sigfried Schibli


Die wohl kürzeste und beste Definition von "Oper" lautet: Die Oper ist ein Theaterstück, bei dem die meisten Figuren (oder alle) die meiste (oder die ganze) Zeit singen. Aber wie arm wäre das Musiktheater, wenn es nur aus Opern bestände!

Kreative Theaterleute haben immer wieder den Begriff des Musiktheaters erweitert um Stücke, die keine Liebesarien und keinen Tyrannenmord kennen und doch höchst bühnenwirksam sein können.

Man braucht in Basel nur die Namen Herbert Wernicke und Christoph Marthaler zu nennen, um sich zwei Vertreter eines musikalischen Theaters zu vergegenwärtigen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten aus eigentlich theaterfernen Stücken höchst eindrückliche Theaterabende gezimmert haben. Zum Beispiel geistliche Musik von Bach oder Lieder von Schostakowitsch und Ives …

Zu dieser informellen Gruppe unkonventioneller, kreativer Regisseure zählt der Italiener Romeo Castellucci, der jetzt mit der Produktion "Requiem" auf der Grossen Bühne nachdrücklich auf sich und auf die Kraft des Theaters aufmerksam macht. Das Publikum reagierte am Samstagabend verwirrt und verzückt zugleich.

 

Die Menschheit im Zentrum

 

Ja, beides gehört da zusammen: die Verwirrung und die Verzückung. Mozarts "Requiem", ergänzt um einige Gesangsstücke zum Teil von Mozart und zum Teil nicht von ihm – dieses Requiem, das sich der schwer kranke Komponist 1791 noch abtrotzte, ist keine Oper. Es gibt darin keine Beziehungskisten und sonstige personelle Verwicklungen und überhaupt keine handelnden Personen. Ausser man würde "die Menschheit" als handelnde Person betrachten. 

Und genau das tut Castellucci. Es geht ihm schlicht um den Tod, dieses factum brutum unseres Daseins, an dessen Hinauszögern oder am Ende gar Vermeiden ein Heer von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit forscht. Und es geht ihm im weiteren Sinn um das Vergehen ganz allgemein, das Absterben tierischer und pflanzlicher Arten, das Aussterben von Sprachen und Religionen. Kein Zweifel, mit Castellucci ist ein grosser Liebhaber der Vergänglichkeit am Werk.

Diesen Moment wird man so bald nicht vergessen.

Aber er kennt und liebt auch die Feier des Lebens, die Anmut der Jugend und die Volksbräuche zum Erwachen des Frühlings. Castellucci montiert in harten Filmschnitten Bilder des Verendens und Vergehens mit solchen ekstatischer Lebensfreude. Eine Sterbende macht den Anfang, dann eine Tänzerin inmitten eines Reigens trauernder Menschen. Später ein Bub, der mit einem Totenkopf Fussball spielt und seinen Knabensopran wunderbar in den Raum stellt (Eugen Vonder Mühll); danach Szenen wie auf einem Schwarzwälder Dorffest, lauter rote Figuren mit Bollenhüten, die um einen Maibaum herumtanzen. Dazu wird "Hostias et preces" ("Opfergaben und Gebete bringen wir") aus Mozarts Requiem gesungen, und eine gefesselte Christusfigur steht stumm daneben.

Es ist so ein Moment, in dem die Verzückung in Irritation überkippt, und ich bin sicher, diesen Moment wird man so bald nicht vergessen. 

 

Zivilisationskritik: ein verbeulter Unfallwagen.

Der anderthalbstündige Abend ist reich an starken, packenden Bildern. Castelluccis Hang zum Morbiden – sogar den Rhein und das Tinguely-Museum sieht er schon untergehen! – mag etwas Unverbindlich-Modisches haben, aber ihm gelingen immer wieder faszinierende Bildwirkungen. Da sieht man ihm auch die etwas billige Zivilisationskritik nach, etwa wenn ein verbeulter Unfallwagen auf die Bühne gezerrt wird und stumme Statisten mimen, wie sie vom Fahrzeug erfasst und getötet werden.


 

Farbattacke mit Folgen

 

Dass ein Mädchen mit Farbe übergossen wird, bis es in allen Regenbogenfarben schimmert, hat einige Premierenbesucher veranlasst, die Flucht zu ergreifen. Sie haben danach viel verpasst. Zum Beispiel das von der Altistin Jasmin Etezadzadeh ganz wunderbar gesungene Kirchenlied "O Gotteslamm", das nach Renaissance klingt, aber von Mozart stammt. 

In dieser Koproduktion mit der Oper von Barcelona gibt es für den Chor (Einstudierung Michael Clark) viel zu tun, und da der erweiterte Theaterchor sich dazu auch noch tänzerisch bewegen muss, sind die Anforderungen besonders hoch.

Nicht immer gelang es Ivor Bolton, dem Chefdirigenten des Sinfonieorchesters Basel, Bühne und Orchestergraben nahtlos zu verknüpfen. Das wackelte gelegentlich gehörig. Und die Choreografie der zu Tänzern gewordenen Chorsänger(innen) könnte da und dort noch eine Nachbesserung ertragen.

Gleichwohl ein auch musikalisch fesselnder Abend, nicht zuletzt dank der beherzt aufspielenden Holz- und Blechbläser des Sinfonieorchesters Basel.

21. April 2024

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